Sandra Niedermeier ● 4.2.2020
Lernkultur in einer digitalen Arbeitswelt
In Zeiten des digitalen Wandels ändern sich auch die Voraussetzungen und Bedingungen des Lernens in Unternehmen. Die Rufe nach einer neuen Lernkultur werden lauter. Die Personalentwicklung muss handeln. Wir zeigen, wie sich die Weiterbildungslandschaft transformiert.
Lebenslanges Lernen ist Realität. Der Lernprozess selbst kennt keinen Anfang und kein Ende. Wir lernen nicht nur in der Schule, später an der Uni, in Fortbildungen oder Online-Kursen. Wir lernen in Gesprächen mit Freunden oder Kollegen, wir lernen beim Lesen eines spannenden Buches, wir lernen in und aus schwierigen Situationen... Die Liste lässt sich beliebig ergänzen. Wenn wir es also richtig tun, lernen wir permanent - auch im Job.
Warum muss sich nun heute im Vergleich zu früher etwas ändern? Die fortschreitende Digitalisierung ist der Übeltäter oder vielmehr Heilsbringer. Sie macht unsere Arbeitswelt zunehmend komplexer und verlangt ein anderes - ein schnelleres - Denken und Handeln von jedem von uns. Digitalkompetenzen sind gefragt. Selbiges gilt für agile Verhaltensweisen und neue Führungskulturen. Die Veränderung ist unser stetiger Begleiter.
Wie können Unternehmen nun diese schwierige Transformationsphase meistern? Permanente Weiterbildung ist der Schlüssel für den Erfolg. Doch die Einführung neuer Lernformate bringt das Etablieren einer neuen Lernkultur mit sich. Die Rufe nach selbstbestimmtem Lernen werden lauter. Darum muss die Personalentwicklung handeln.
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Dieses Video ist ein Auszug von Elucydate | Kompetenzentwicklung mit E-Learning Premium-Content für Unternehmen zum Thema "Eigenverantwortlich lernen".
Neue Lernkultur im Unternehmen: digital und flexibel
Lernkultur ist ein schillernder und viel genutzter Begriff in der gesamten Bildungslandschaft. Thematisiert wird sie in der Schullandschaft, der Weiterbildung, als Teil von Unternehmenskultur, als Teil der Gesellschaft und in vielen weiteren Settings. Die Lernkultur umfasst das gesamte Spektrum des Lernens und Lehrens.
Aber Achtung: Naturgemäß existiert nicht nur eine Lernkultur, sondern es entwickeln sich parallel viele, unterschiedliche Lernkulturen. Diese sind geprägt von der Gesellschaft und den Rahmenbedingungen von Unternehmen, aber auch kontextabhängig von den Beteiligten am Lernprozess.
Eine Lernkultur gibt als Teil einer Unternehmenskultur Mitarbeitern und Führungskräften Orientierung.
Eines ist sie jedoch nie: statisch!
Wann braucht es also eine Änderung der Lernkultur? Braucht es heutzutage möglicherweise sogar eine digitale Lernkultur? Nach Schüßler und Thurnes (2005) sind „die meisten Auseinandersetzungen mit Lernkulturen (..) darauf zurückzuführen, dass aus unterschiedlichsten Gründen Änderungen als erforderlich oder wünschenswert betrachtet werden, was dann als „neue“ oder „innovative“ Lernkultur im Vergleich zur bisherigen bezeichnet wird.“
Einer dieser unterschiedlichsten Gründe ist auf das heutige Zeitalter übertragen wohl die fortschreitende Digitalisierung.
Die Rolle der Personalentwicklung im digitalen Lernen
Die neue oder auch digitale Lernkultur unterscheidet sich fundamental von der klassischen Lernkultur, die viele aus der schulischen oder auch der betrieblichen Lernkarriere kennen. Klassische Präsenztrainings waren gestern. Trainer und Ausbilder werden zu Coaches und Mentoren, sie begleiten die individuellen Lernprozesse der Mitarbeiter. Heute sind es vor allem die digitalen Medien, die die bisherigen Strukturen von Weiterbildung in Frage stellen.
Auf die HR-Abteilung oder den L&D-Beauftragten kommt eine zentrale Aufgabe zu: Wissen fördern und verbreiten. Dabei steckt die Personalentwicklung in tiefgreifenden Changeprozessen im Rahmen der Digitalisierung. Warum müssen Unternehmen ihren Weiterbildungsansatz überdenken, neue Lernangebote schaffen und für ihre Mitarbeiter anpassen? Weil sich die Art und Weise, wie wir - also auch Lernende und Lehrende - miteinander kommunizieren und interagieren verändert. Das liegt an der ständigen Verfügbarkeit und Zugänglichkeit zu digitalen Medien. Grund dafür ist ganz allgemein die starke Verbreitung mobiler Endgeräte.
Da ist es nur logisch, dass sich die Haltung und die Erwartung gegenüber Lernangeboten verändert:
Digital: Der Zugang zu Lerninhalten soll schnell und einfach sein.
Nachhaltig: Lernen soll zeitlich und örtlich flexibel sein.
Selbstbestimmt: Jeder soll selbst entscheiden, was er wie und wann lernt.
Unterhaltsam: Lernen soll Spaß machen.
Relevant: Die Lerninhalte sollten aktuelle Themen abdecken und kontinuierlich überarbeitet werden.
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Bestandteile einer neuen digitalen Lernkultur
Lernstrategien zur Selbstorganisation, und dadurch auch Werkzeuge zum Strukturieren und Verwalten des eigenen Wissens, werden zu einem festen Bestandteil der digitalen Lernwelt. Den eigenen Lern-Bedarf zu erkennen und sein Lernen selbst zu steuern ist dabei essentiell. Denn nur, wer selbst herausfindet, was er wann, wie und warum lernen möchte, lernt erfolgreich.
Die Bedeutung von Kommunikation und Interaktion ganz im Sinne des kooperativen Lernens mit anderen wächst ebenso stetig. Skype, WhatsApp, Twitter etc. sind nicht nur im Büroalltag allgegenwertig, sondern auch immer häufiger Bestandteil von Lernprozessen. Gleichzeitig muss daher auch bewusst bei Veränderungen in der Lernkultur an die Förderung von digitalen Kompetenzen gedacht werden. Dazu zählen auch die Interaktions- und Kommunikationskompetenz - gerade in Zeiten virtueller Teamzusammenarbeit.
Das Bewusstsein und die Bereitschaft für flexibles Lernen, sowie die Etablierung von kooperativem Lernen lassen sich nicht einfach über eine Organisation überstülpen - nur durch die Nutzung digitaler Medien. Auch das klassische "Top-Down"-Kommando aus der Führungsetage bringt an dieser Stelle wenig. Mitarbeiter und Führungskräfte müssen sich den vielen Vorteilen aber auch Herausforderungen einer neuen Art zu Lernen am Arbeitsplatz erst bewusst werden. Alles eine Frage des Mindsets: Tiefgreifende Veränderungen oder Fehler bieten große Chancen. Auch wenn sie erstmal als unangenehm empfunden werden. Was bedeutet dies für eine Lernkultur in Unternehmen?
Das Schaffen zeitlicher Freiräume zum Lernen, die Bereitstellung der technischen Infrastruktur, wie mobiler Pattformen für zeit- und ortsunabhängiges Lernen, das Angebot von Weiterbildung zu digitalen Kompetenzen und Soft Skills oder die Verbesserung individueller Lernpfade für Mitarbeiter demonstrieren auf Unternehmensseite ein klares Bekenntnis zu einer gelebten „digitalen“ Lernkultur.
Eine zeitgemäße digitale Lernkultur muss gelebt werden
Doch die modernste digitale Lernkultur bringt wenig, wenn die Belegschaft wieder ins Business as usual verfällt. Eine Lernkultur kann nicht vermittelt werden, sondern nur ermöglicht, gefördert und angetrieben. Eine Lernkultur muss, egal ob in der Digitalisierung oder nicht, gelebt werden. Es gibt nie nur DIE eine Lernkultur. Es braucht also weit mehr als die Einführung digitaler Tools, einer Lernplattform oder eines Changeprozesses, um eine digitale Lernkultur zu bilden und erfolgreich zu etablieren.
Es braucht ein Umdenken. Hin zu geteiltem Wissen, mehr Kommunikation, mehr Interaktion und mehr Flexibilität.
Nur eine Lernkultur, die das Lernen und die Bedürfnisse der Lernenden in einer digitalisierten Welt in den Vordergrund stellt, kommt den aktuellen Anforderungen der heutigen Gesellschaft nach. Lernkultur als änderbar zu verstehen und zu praktizieren, dabei selbstgesteuert zu lernen sowie die digitalen Medien aktiv als Werkzeug des Lernens zu nutzen, sind komplexe Anforderungen. Anforderungen, die keineswegs von allen Unternehmen problemlos bewältigt werden können.
Grundvoraussetzung sind interessierte Beteiligte, ein kompetenter Weiterbildungspartner, der von der Bestandsaufnahme bis zur Erfolgskontrolle und darüber hinaus zu Seite steht, realistisch gesteckte Lernziele, im Lernen etwas Sinnhaftes zu finden, Strategien für das Lernen zu entwickeln und die eigene Motivation aufrecht zu erhalten.