Britta Bonten ● 2.8.2021
Aktives Zuhören: Tipps, wie Sie noch besser zuhören können!
Ergänzend zu unserem Artikel "Hört, Hört! Warum aktives Zuhören für Führungskräfte so wichtig ist", erhalten Sie hier einige Tipps aus der Schatzkiste des aktiven Zuhörens. Selbst wenn Sie überzeugt sind, die Bestbesetzung beim Zuhören zu sein, können Sie profitieren.
Woran machen Sie als stille Beobachter:in bei Gesprächen fest, dass eine Person gut zuhört? Umgekehrt: Was erwarten Sie von guten Zuhörer*innen? Und wissen Sie, woran Sie am besten die emotionale Verfassung einer Person erkennen? Dann freuen Sie sich im Verlauf des Texts auf die Auflösung!
Aktives Zuhören lässt sich trainieren
Wie Sie kürzlich im oben erwähnten Beitrag erfahren haben, können wir unsere Zuhörfähigkeiten wie einen Muskel trainieren und kräftigen. Es besteht also Grund zur Hoffnung für alle Aspirant*innen auf besseres, aktives Zuhören!
Mit einfachen Übungen können wir im Gesprächs-Alltag unser Zuhören schulen. Vorausgesetzt wir üben regelmäßig, aus freien Stücken und wollen besser werden. Tun wir nur so, wird unser Ego uns enttarnen!
A. Vorbereitung
Aktives Zuhören ist anstrengend, da der Gesprächsvorgang sehr komplex ist. Das Vier-Ohren-Modell von Schulz von Thun erklärt, dass wir laufend mit vier Ohren und vier Schnäbeln einer Unterhaltung folgen – das liegt an vier verschiedenen Ebenen beim Senden und Empfangen! Kein Wunder also, dass aufmerksames Zuhören Energie kostet. Sie reicht nicht ewig, uns auf das komplexe Hörereignis zu konzentrieren und dabei die Außenwelt auszublenden. Wenn wir unser Arbeitsgedächtnis entlasten wollen, sollten wir das Gespräch gedanklich vorbereiten, indem wir uns:
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die Gesprächssituation vorab vorstellen
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in die Rolle und Situation des Gegenübers hineinversetzen
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eigene Fragen überlegen und solche des Gegenübers antizipieren
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gedanklich Gesprächsziel und -struktur zurechtlegen
B. Konzentration
Gutes Zuhören erfordert, dass wir in die Gedankenwelt einer anderen Person eintauchen. Das bedeutet:
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Störungen ausblenden und uns auf Inhalte und Person einlassen
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potenzielle Ablenkungen (Smartphone muten) vermeiden
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aufkommende Gedanken zur Kenntnis nehmen, sie für die Gesprächsdauer gedanklich parken
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vorurteilsfrei bleiben, weder Gesagtes noch die Person bewerten
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Sprechpause ein- und aushalten
C. Ganzheitliches Zuhören
Allein die gesprochenen Worte zu erfassen, ist kein (gutes) Zuhören. Es lauern potenzielle Missverständnisse u. a. vorschnelles (Ver-/Be-)Urteilen oder vermeintliches Schlussfolgern. Um diese Kommunikationsfallen zu umgehen, beachten wir die nonverbale Kommunikation. Dazu zählen all die Zwischentöne, die auf die emotionale Verfassung der sprechenden Person hinweisen:
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Gestik, Mimik, Betonung, Lautstärke und Stimmfarbe (Klang, Resonanz etc.) beachten
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aufmerksames Abgleichen von verbaler und non-verbaler Kommunikation (ist beides stimmig?)
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ob wir die Inhalte richtig verstanden haben, am besten durch Zusammenfassen mit unseren eigenen Worten klären
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im Zweifel nachfragen
D. Informationen abspeichern
Wollen wir uns an eine Unterhaltung auch noch in zwei Wochen oder sechs Monaten erinnern (wenn wir keine Notizen machen wollen oder können), hilft uns die Methode des Verankerns. Je aktiver wir uns innerlich auseinandersetzen, umso wahrscheinlicher können wir später auf Inhalte und Informationen zurückgreifen:
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Schlüsselworten und -inhalten zunächst Bilder zuordnen
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anschließend mit einem emotionalen Kontext verbinden
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im Nachgang mit Teilen der Unterhaltung gedanklich beschäftigen oder kritisch hinterfragen – so bleibt das Gespräch bleibt länger präsent
Qualität eines Gesprächs hängt von allen Beteiligten ab
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt: Selbst, wenn der*die Zuhörende alles richtig macht, kann ein Gespräch misslingen oder ergebnislos bleiben. Das ist der Fall, wenn die*der Sprechende nicht bereit ist, sich in die persönliche Gedankenwelt hineinschauen zu lassen, sich verschließt oder die zuhörende Person bewusst fehlleitet. Alle Beteiligten sind letztlich für die Qualität eines Gesprächs verantwortlich.
Woran Sie aktiv Zuhörende erkennen:
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Sie halten mit Ihrem Gegenüber während des Gesprächs aufmerksamen Blickkontakt
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Sie lassen sich nicht von äußeren Faktoren ablenken, bleiben konzentriert
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Sie bestätigen verbal, dass sie verstehen und folgen (bspw. mit mh, okay, verstehe…)
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Sie finden geeignete Worte für unausgesprochene Dinge, um zu signalisieren verstehen zu wollen bzw. um sicher zu sein, richtig verstanden zu haben
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Sie kommentieren und bewerten nicht, geben keine Ratschläge
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Sie nehmen ihre eigene Körpersprache und die des Gegenübers wahr und spiegeln diese situativ (das muss natürlich kommen, nicht gestellt)
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Sie paraphrasieren und fassen Aussagen in eigenen Worten zusammen, um etwaige Unklarheiten zu vermeiden und Missverständnissen vorzubeugen
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Sie fragen nach, wenn sie etwas nicht richtig verstanden haben oder unsicher sind
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Das Wichtigste: Sie reden nicht von sich selber! Sie reden nicht von sich und Ihrer Situation – Ihr Ego hat Sendepause!
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Sie versuchen, den oder die andere Person zu verstehen!
Schmankerl: Wie aktives Zuhören am Bildschirm gelingt
Es ist schwer erklärbar, was genau den Unterschied ausmacht: Direkte Gespräche im analogen Raum fühlen sich anders an als im virtuellen Raum. So, wie sich die Arbeitswelt entwickelt, werden künftig hybride Arbeitsmodelle (Kombination aus realem und digitalem Setting) für viele Beschäftigte zum Alltag gehören. Meetings via Screen werden uns auch – wohl oder übel – weiterhin begleiten.
„Aber die emotionale Ebene des Sprechenden am Bildschirm zu erfassen gelingt nur schwer“, werden jetzt einige von Ihnen stöhnen. Im Videocall sehen wir nämlich nur einen Ausschnitt, nicht die Person im Ganzen; ein Teil der Gestik bleibt verborgen; wir erleben die Person nur mittel- und nicht unmittelbar; und die Zwischentöne werden gefiltert übertragen!
Jetzt halten Sie sich fest: Eine Studie der Yale University hat 2017 herausgefunden, dass wir die Emotionen unseres Gegenübers am besten und ausschließlich über die Stimme wahrnehmen – ganz ohne Mimik oder Gestik! Erstaunlich, oder? Die meisten Inhalte, die auf die emotionale Verfassung einer Person hinweisen, sind laut dieser Studie in der Stimme enthalten. Die Erklärung: Ohne Bilder wird unser Hörsinn nicht abgelenkt und arbeitet am besten! Aber hehe: Es bedeutet nicht, in Videokonferenzen ab sofort die Kamera auszuschalten, sondern noch besser hinzuhören!
Abschließend hier einige Hinweise, die aktives Zuhören im digitalen Raum erleichtern:
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Legen Sie klare Kommunikationsregeln bei den Teilnehmenden fest.
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Räumen Sie sich regelmäßige Pausen ein – ohne Screen; auch wenn das Smartphone, iPad usw. verführerisch ist.
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Videokonferenzen am laufenden Band ohne Pause, sind weder gesund noch effizient!
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Geht etwas mehr „Video detox“? Greifen Sie öfter mal zum Telefon!
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Ein Dilemma: Während Sie sprechen, schauen Sie idealerweise in Ihre Bildschirm-Kamera! Dann aber, können Sie nicht in die Augen Ihres Gegenübers blicken, um Reaktionen einzufangen! Bleiben Sie trotzdem aufmerksam und entspannt – dem Gegenüber geht es genauso.
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Konzentrieren Sie sich mehr auf die Stimme Ihres Gesprächspartners oder Ihrer -partnerin (Stimmhöhe, -lage, -kraft, Intonation).
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Zeigen Sie, dass Sie dem Gespräch aufmerksam folgen (Bestätigungen, in die Kamera schauen).
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Fassen Sie noch mehr mit eigenen Worten zusammen, um Inhalte und die emotionale Komponente richtig zu erfassen.
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Bleiben Sie bei der Sache: Machen Sie nichts anderes als das Gespräch aktiv zu verfolgen und gestalten. Wer nebenbei Mails bearbeitet oder andere Dinge tut, agiert unhöflich bis geringschätzig.
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Zeigen Sie positive (auch negative) Emotionen und sprechen Sie diese an!
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Berücksichtigen Sie Verzögerungen bei der Datenübertragung – d. h. machen Sie kurze Sprechpausen und warten Sie einen kurzen Moment, bevor Sie beginnen zu reden oder antworten!
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Räumen Sie bewusst Ihrem Gegenüber die Möglichkeit ein, auf Ihre Äußerungen verbal zu reagieren.
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Bleiben Sie beim Thema, kommen Sie auf den Punkt & vermeiden Sie langatmiges Ausschweifen. So schonen Sie Ohren und Nerven Ihres Gegenübers! Zu Ihrer Freude, tut er*sie vielleicht Selbiges!
Fazit
Falls Sie erfahren wollen, wie es um Ihre persönlichen Zuhörqualitäten steht, fragen Sie doch bei nächster Gelegenheit Ihre Gesprächspartner:innen! Sich ein direktes und ehrliches Feedback zu holen, ist die beste Bestätigung und Motivation! Oder öfter mal zum Hörer greifen! So schlagen Sie zwei Fliegen mit einer Klappe: Es schont die Bildschirm-geplagten Augen und zu telefonieren hat einen erfreulichen Trainingseffekt für die Lauscherchen! Sie wissen jetzt: Emotionen erkennen Sie am besten an der Stimme…