Dominic Lindner ● 8.5.2019
Horizontale Karriere – Erfolgreich ohne Führungsposition
Immer mehr Arbeitnehmer setzen auf eine horizontale Karriere und entscheiden sich bewusst für einen beruflichen Erfolg ohne Führungsposition. Warum Unternehmen dieses Modell anbieten und für mehr Selbstlernkompetenz und Entscheidungsfreiheit plädieren, erfahren Sie hier.
Für viele gilt das Erklimmen der Karriereleiter noch immer als festes Lebensziel. Während dabei lange der vertikale Aufstieg von einer kleinen Position zu einer verantwortungsreichen Tätigkeit auf Führungsebene hoch im Kurs lag, erkennen immer mehr Unternehmen und insbesondere Fachkräfte die Vorteile einer erfolgreichen Laufbahn ganz ohne Führungsposition. Die Rede ist von der horizontalen Karriere.
Die eigene Idee zum Fünf-Jahresplan ist wohl eine der am häufigsten gestellten Fragen in Bewerbungsgesprächen. Während dabei lange das Anstreben einer Führungsposition als Top-Antwort auf die Frage: „Wo sehen Sie sich persönlich in fünf Jahren?“ galt, ist dies mittlerweile nicht mehr die einzige Möglichkeit, über die bei der Karrierefrage nachgedacht wird. Stattdessen kristallisiert sich der Weg der horizontalen Karriere, also eines Werdegangs ganz ohne einer Position auf Führungsebene, verstärkt zu einem favorisierten Zukunftsplan heraus. Unternehmen und Fachkräfte erkennen zunehmend, dass es nicht zwingend dem Emporklimmen der traditionellen Karriereleiter bedarf, um auch ohne Führungsposition eine erfolgreiche Laufbahn zu verfolgen. Bereits 2013 - also vor sechs Jahren! - hat eine Studie von Promerit in Zusammenarbeit mit der ESB Business School ergeben, dass bereits 60 Prozent aller Unternehmen im deutschsprachigen Gebiet die Option einer horizontalen Laufbahn anbieten und dass 27 Prozent aller befragten Unternehmen ihren Experten im Rahmen dessen sogar spezielle Privilegien zugestehen.
Was unterscheidet die horizontale von der vertikalen Karriere?
Der vertikale Karriereweg ist vielen bekannt. Von einer Juniorebene entwickelt man sich im Laufe der Zeit zu einer höher gestellten Führungsposition, die in der Regel mehr Verantwortung und das Führen von Teams mit sich bringt. Dies bedarf einer ausgeprägten Führungskompetenz sowie der Fähigkeit, sich permanent neu auf andere Menschen einzustellen. Als Team Leader besteht ein wichtiger Teil der eigenen Arbeit daraus, Mitarbeiter individuell zu unterstützen und zu fördern. So wächst schließlich mit jeder neuen Karrierestufe nicht nur das Gehalt, sondern auch die eigene Bedeutung im Unternehmen.
Die horizontale Karriere hingegen baut nicht auf der Führung eines Teams auf, sondern auf der Kompetenz, sich selbst zu organisieren.
Sie wird auch gerne als Fachkarriere bezeichnet, da hier nicht die typischen Karrierestufen von Junior über Teamleiter bis zur obersten Führungskraft durchlaufen werden. Stattdessen bestehen die Sprossen der Karriereleiter aus der Aneignung und der Erweiterung und Vertiefung des eigenen Wissens hin zum Expertenstatus. Damit baut die horizontale Karriere auf der Fähigkeit auf, sich selbst zu führen und zu fördern, um ein ziel- und lösungsorientiertes Handeln zu erreichen. Dabei werden den angehenden Experten dieselben Anreize wie bei der vertikalen Karriere geboten. Denn auch hier steigt mit jeder neuen Karrierestufe nicht nur das Gehalt, sondern auch die Relevanz für das Unternehmen. Nur besteht diese bei der horizontalen Karriere eben nicht aus der Kompetenz der Führung anderer, sondern aus dem gewinnbringenden Mehrwert als interner Experte im Unternehmen.
Voraussetzungen für eine erfolgreiche horizontale Karriere
Diejenigen, die eine Karriere auf Basis der Anerkennung und Erweiterung ihres Fachwissens anstreben, benötigen mehr als nur die richtigen Kompetenzen. Denn für eine horizontale Karriere bedarf es auch dem richtigen Arbeitsumfeld. Nicht in jedem Unternehmen ist dieser Werdegang daher auch erfolgreich realisierbar. Insbesondere drei Faktoren spielen für einen erfolgreichen Werdegang auf fachlicher Basis eine entscheidende Rolle: die Entscheidung für einen geeigneten Arbeitsplatz, die Vertiefung des eigenen Fachwissens und das Aufbauen eines Netzwerks.
Der geeignete Arbeitsplatz
Der richtige Arbeitsplatz ist für eine horizontale Karriere unabdingbar. Neben einem Arbeitgeber, der den ständigen Ausbau Ihres Fachwissens in Form von Weiterbildungen, Lehrgängen und Seminaren zulässt, bedarf es zudem einer Führungskraft, die Ihnen als Mentor mit der eigenen Erfahrung zur Seite steht. Beide Parteien sollten Ihre Karriereentwicklung mit individuellen, auf Sie zugeschnittenen Aufgaben fördern, die Sie persönlich herausfordern und, zur Unterstützung der eigenen Entwicklung, auch mal über den Tellerrand hinausblicken lassen.
Die Vertiefung von Fachwissen
Der geeignete Arbeitsplatz kann Ihnen aber nur dann zu einer erfolgreichen horizontalen Karriere verhelfen, wenn Sie sich auch das benötigte Wissen aneignen oder dieses bereits besitzen, um eine fachliche Laufbahn zu realisieren. Denn im Gegensatz zur vertikalen Karriere, wo Faktoren wie emotionale Intelligenz und Führungskompetenz eine entscheidende Rolle spielen, baut die horizontale Karriere auch stark auf Fachkenntnissen auf.
Der Aufbau eines Netzwerks
Auf Basis eines ständigen Austauschs mit anderen Experten ist es für eine erfolgreiche horizontale Karriere zudem von Vorteil, ein fachliches Netzwerk aufzubauen. Dies verhindert auf lange Sicht den Tunnelblick und erhöht die Bereitschaft, auch andere, neue Sichtweisen, Methoden und Ansätze als Wissensquelle in den Pool der eigenen Kenntnisse aufzunehmen.
Fazit
Die horizontale Karriere entwickelt sich für viele Fachkräfte immer mehr zu einer gleichberechtigten Alternative gegenüber der klassischen vertikalen Karriereleiter. Besonders Mitarbeiter, die ihre Stärke in der eigenen fachlichen Kompetenz liegen sehen und eher nach fachlicher Anerkennung streben, statt der Führung eines Teams, eignen sich für diese berufliche Laufbahn. Neben wichtigen Kernkompetenzen wie Zielstrebigkeit, Wissensdurst, Freude am Lernen und dem Streben nach fachlicher Weiterentwicklung muss aber auch das Arbeitsumfeld für eine horizontale Karriere geeignet sein. Der Arbeitgeber muss die persönliche Weiterbildung fördern und als Mentor fungieren.