Antonia Laier ● 25.10.2018

„Klassische Strukturen aufbrechen!“ Startup-Gründer im Interview

In der digitalisierten und agilen Arbeitswelt muss man schnell auf Veränderungen reagieren, Prozesse optimieren und jede Menge Mut beweisen. Startups haben diese Prinzipien schon verinnerlicht. Was können sich etablierte Firmen abschauen? Wir haben mit livyu-Gründer Sebastian Knoll gesprochen.

Livyu bietet Konzerte aller Art per Live-Stream und On Demand in bestmöglicher Bild- und Tonqualität an – ein Format, das es bis vor kurzem so noch nicht gab. Mit dieser Idee der „digitalen Konzerthalle“ gewannen Sebastian Knoll und sein Team 2017 den 1. Preis des Startup-Wettbewerbs „breakthrough“ (Veranstalter: WEKA Media Publishing GmbH).

Herr Knoll, wie entstand die Idee für Ihr Startup „livyu“?

Die Idee kam mir im Rahmen eines Live-Streamings für eine Künstlerin in Auftragsarbeit unser Produktionsfirma Mainfilm. Wir hatten festgestellt, dass die Anzahl der Online-Zuschauer ein Vielfaches der Besucher ausgemacht hat, die es physisch tatsächlich zum Konzert geschafft hatten. Da ich selbst ebenfalls an nicht annähernd so vielen Konzerten live teilnehmen konnte, als ich es mir gewünscht hätte, bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass sich etwas ändern muss. Mit Sicherheit standen so wie ich auch viele weitere Konzert-Fans vor diesem Problem. Also muss man an einer Lösung arbeiten und innovativ tätig werden.

Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Elemente der Startup-Mentalität?

Fleiß und ein dickes Fell. Man muss stressresistent sein und darf sich von einem „Nein“ nicht abschrecken lassen. Eine essenzielle Rolle spielt ein starkes Team, das tatkräftig unterstützt und die Idee genauso wie man selbst vorantreibt.

 

Sebastian Knoll livyuWas können große Unternehmen von den Workflows und den Strukturen der Startups lernen?

Dass nicht alles „tot“ geplant werden muss. Es geht häufig darum, ein Bauchgefühl in kurzer Zeit und mit knappen Ressourcen auf die Probe zu stellen. Dafür kann es schon genügen, einen minimalen Ansatz auf die Straße beziehungsweise ins Netz zu bringen, um diesen unter realen Bedingungen zu testen. Natürlich ist das Risiko für ein kleines Unternehmen viel geringer, ein nicht fertiges Produkt ausprobieren zu lassen, als für einen Großkonzern. Dennoch beinhaltet dieses Vorgehen einen wichtigen Ansatz, den etablierte Unternehmen sich von Startups abschauen können: Einfach mal ausprobieren, ohne es von drei Unternehmensberatern vorher abgesegnet haben zu lassen.

Welche Probleme oder Herausforderungen kommen auf Startup-Gründer zu?

So ziemlich alle Probleme, die man sich vorstellen kann. Zum einen wäre da die eigene Unsicherheit. Hier kann es helfen, die Idee zunächst im kleinen Rahmen zu überprüfen und mit einem Team zusammen zu arbeiten, welches die Idee teilt und stärkend auf einen selbst wirkt. Ein weiteres Problem ist dann die Finanzierung. Selten können Gründer es sich leisten, mehr als ein Jahr unentgeltlich an einem Projekt zu arbeiten. Dennoch müssen ganz klar längere Durststrecken und ein höheres zeitliches Engagement aufgebracht werden, um ein Startup erfolgreich aufzubauen. Es gibt Rückschläge, die schnell verkraftet werden müssen. Auch macht man viele Fehler, aus deren Erfahrung man nicht niedergeschlagen, sondern reifer zurückkehrt. In meinen Augen jedoch ist es die größte Herausforderung, etablierte Strukturen aufzubrechen. Dafür hat es bei uns im Team mehrere Anläufe gebraucht. Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass es mehr bedarf als einer guten Idee und einem Beweis, dass diese funktionieren kann. Folgendes Beispiel: Hat man als Startup für den Marktführer im Bereich Bäcker-Gastronomie eine Methode gefunden, wie dieser seine Produktionskosten senken und gleichzeitig höhere Abnahmen erzielen kann, resultiert daraus als logische Konsequenz eine Partnerschaft. Der neue Prozess sollte umgesetzt werden. Jedoch wird eben dieser Marktführer seine Mechanismen nur dann anpassen, wenn für die neue Vorgehensweise bereits eine sichere Prognose, also eine gewisse Zahl an Produktionen abgebildet werden kann, die es rechtfertigt, seine Prozesse überhaupt umzustellen.

Wie sieht die Zusammenarbeit in Ihrem Team aus? Erleichtert der typische Startup-Flair die Zusammenarbeit?

Ein wichtiges Element, welches bei uns im Team super umgesetzt wird und ich im Gegenzug in Diskussionen mit großen Unternehmen manchmal vermisse, ist die Art und Weise, wie mit Ideen umgegangen wird. Es muss sich der beste Vorschlag durchsetzen. Das gilt unabhängig davon, ob dieser von einem Praktikanten oder einem Geschäftsführer kommt.

Was ist Ihre persönliche Definition von „Agilität“?

Realistisch auf aufkommende Veränderungen zu reagieren.

 

              

Agiles Projektmanagement, Agiles Mindset