Carolin Metz ● 25.11.2020

„Ich bin ein großer Fan von Blended Learning!“

Wir haben eine Blended Learning Designerin zu Methoden und Anwendungen des hybriden Lernformats befragt.

Wie so oft im Leben kommt es auf die richtige Mischung an – online und offline können sich wunderbar ergänzen. So wie beim Blended Learning, der Kombination von E-Learning und Präsenzunterricht. Kader Yasar ist Expertin für Blended Learning bei der WEKA MEDIA GmbH & Co. KG und unterstützt Firmen dabei, eine neue Lernkultur einzuführen und innovative Lernkonzepte umzusetzen. Im Interview verrät sie, ob sich jeder per Blended Learning weiterbilden kann, was den Methodenmix ausmacht und was typische Fehler bei der Umsetzung sind.

Frau Yasar, Sie haben viel Erfahrung mit der Anwendung von Blended Learning – wie nehmen die Nutzer und die Trainer Blended Learning auf?

Ich habe schon mit vielen Trainern und Lernern gearbeitet und die Reaktionen waren sehr unterschiedlich. Manche sind am Anfang skeptisch, merken aber später: So "schlimm" war es doch gar nicht. Andere sind von Beginn an recht positiv gestimmt, unterschätzen aber ein wenig den Aufwand.

Manche Trainer haben vielleicht Angst, ihren Job zu verlieren. Andere Trainer wiederum sind sehr offen, erkennen schnell die Vorteile und nutzen diese. Sie wissen ganz genau, dass sie durch die neuen Formate nicht ihre Arbeit verlieren, sondern ihr Training viel besser gestalten können.

Bei den Nutzern gibt es manche, die Blended Learning unterschätzen und nicht gut darin sind, sich die Zeit selbst einzuteilen. Sie verschieben das Online-Training und haben dann am Ende nicht genug Zeit für den Lernstoff. Aber die meisten kommen gut zurecht, nutzen ihre Zeit sinnvoll und lernen immer dann, wenn sie eine Gelegenheit dafür finden.

Der Großteil profitiert sehr von der Flexibilität des Blended Learning.

Worauf muss man achten, wenn man ein Blended-Learning-Konzept erstellt?

Zuerst sollte man sich überlegen, welches Blended-Learning-Modell am besten zu dem Lernstoff passt, den man vermitteln möchte – und auch zur Zielgruppe. Die Frage, worauf ich den Fokus legen möchte – mehr auf Praxiswissen oder mehr auf Theorie – ist ebenfalls wichtig.

Es gibt grundsätzlich drei verschiedene Modelle:

  • Springer: Man wechselt regelmäßig zwischen offline und online ab.

  • Reiher: Hier reiht man Präsenzveranstaltungen aneinander, um sie dann mit einem Online-Training zu ergänzen.

  • Sandwich: Eine Präsenzphase wird von Online-Trainings am Anfang und am Ende eingerahmt – oder umgekehrt: das Online-Training wird von Präsenzkursen eingerahmt.

Download Blended Learning

Natürlich gibt es zahlreiche Variationen dieser Modelle – ich muss nicht stur einer Option folgen. Man sollte zudem im Blick haben, welcher Zeitrahmen zur Verfügung steht. Habe ich beispielsweise fünf Monate Zeit für die Vermittlung meiner Inhalte und kann somit viele Präsenzzeiten einplanen, oder muss es schneller gehen, weil nur drei Monate angesetzt sind? Sind die Teilnehmenden zeitlich sehr eingespannt oder flexibel, um viel vor Ort zu lernen?

Lesen Sie auch: Was bedeutet Blended Learning?

Wenn meine Zielgruppe noch wenig Erfahrung mit Online-Training hat, dann ist es gut, eine Präsenzveranstaltung an den Anfang zu setzen, um die Teilnehmenden an E-Learning heranzuführen. In anderen Fällen wiederum kann es sehr sinnvoll sein, die Einführung ins Thema mittels Online-Training zu gestalten, um sich dann im Präsenzseminar auf die wichtigen und tiefergehenden Aspekte des Lernstoffs zu konzentrieren.

Was sind typische Fehler, die man beim Blended Learning vermeiden sollte?

Problematisch ist, die falschen Inhalte oder die falsche Lernplattform beziehungsweise Lernsoftware auszuwählen. Das Online-Training darf nicht unübersichtlich sein oder zu lang dauern, sonst haben die Teilnehmenden keine Lust, sich damit zu beschäftigen.

Ein weiterer Fehler ist es, das Vorwissen und die Fähigkeiten der Lernenden und Trainer zu überschätzen. Die Verbindung von Online- und Offline-Lernen ist noch relativ neu, daher kann man nicht davon ausgehen, dass alle sofort wissen, wie man E-Learning optimal nutzt. Außerdem müssen auch die Trainer erst lernen einzuschätzen: Wann eignet sich ein Online-Training für ein Thema gut und wann nicht? Da steckt eine ganz eigene Didaktik dahinter, mit der man sich erst vertraut machen muss.

blended-learning-onzepte

Ist Blended Learning für alle Lerntypen geeignet?

Es ist für alle Lerntypen geeignet, egal ob visuell, auditiv, kommunikativ oder motorisch. Wichtig ist nur, dass die Lernenden selbstbestimmt lernen können und Selbstdisziplin haben. Zudem müssen sie offen für eine neue Lernkultur sein.

Wenn das Blended-Learning-Training abwechslungsreich gestaltet ist und verschiedene didaktische Modelle kombiniert, dann ist für jeden etwas dabei.

Und wie sieht es mit der älteren Generation aus?

Solange die Lernenden offen für eine neue Lernkultur sind, spielt das Alter gar keine Rolle. Die Lernenden sollten eine ausführliche Einführung erhalten, das Online-Training sollte leicht und intuitiv zu bedienen sein – dann können auch ältere Lernende problemlos an Blended Learning teilnehmen. Meine Erfahrung ist, dass diese Zielgruppe oft sehr interessiert ist und gerne Neues lernt.

Wie geht man die Planung für ein Blended-Learning-Konzept am besten an?

Zur Planung empfehle ich das ADDIE-Modell. Das ist ein Instruktionsmodell, das die einzelnen Schritte zur Entwicklung eines Lernkonzepts sehr gut aufzeigt: Analyse – Design – Development – Implementation – Evaluation. Wenn man sich daran orientiert, vergisst man nichts Wichtiges.

Ich beobachte oft den Fehler, dass Blended Learning ohne Evaluation geplant wird – dabei ist es sehr wichtig, Feedback einzuholen. Und zwar sowohl während des Prozesses als auch im Nachhinein. Hierbei sollte man nicht nur die Trainer mit einbeziehen, sondern auch die Lernenden. So stellt man zum Beispiel sicher, den richtigen Schwierigkeitsgrad auszuwählen und erfährt, ob der Kurs für alle gut nachvollziehbar ist.


 

Interview-Ausschnitt von der Learntec im Jauar 2020: Blended Learning Designerin Kader Yasar über den Kontakt zum Lernenden.

Kann jeder Trainer Blended Learning durchführen?

Leider nein, und das hat mehrere Gründe. Trainer werden leider nicht genug in (technischer) Didaktik geschult. Die Didaktik für Blended Learning muss man lernen, denn sie funktioniert anders als beim reinen Präsenzlernen. Der Trainer muss wissen, welche Inhalte sich besser für Online-Vermittlung eignen und welche für Präsenzseminare. Er muss planen können, wie viel Zeit die Lernenden für bestimmte Inhalte benötigen. Beim Online-Training ist es auch schwieriger einzuschätzen, wie gut die Lernenden mitkommen. Zudem muss der Trainer sich mit der Technik auskennen und wissen, was zu tun ist, wenn es technische Probleme gibt.

Was gefällt Ihnen persönlich am besten an Blended Learning?

Mir gefällt, dass Blended Learning verschiedene Lernmethoden verknüpft und somit viele Vorteile zusammenbringt. Das ist einfach die ideale Kombination! Man lernt flexibel, ökonomisch und selbstgesteuert. Ich persönlich bin jemand, der gerne selbstgesteuert lernt – so kann ich meinen Lernort, meine Schwerpunkte und mein Tempo selbst wählen. Aber ich bin auch gerne unter Menschen. Man kann es wirklich so sagen: Ich bin ein großer Fan von Blended Learning!

Learning and Development, Blended Learning