Antonia Laier ● 13.11.2018
Den Alltag managen – Tipps aus der agilen Projektplanung
Das agile Projektmanagement hält derzeit in vielen Unternehmen Einzug. Klassische Strukturen werden überarbeitet, Zeit eingespart, die Kommunikation verbessert und die Effizienz gesteigert. Wie profitieren Sie von diesen und weiteren Kernelementen auch im Privat-Alltag?
„Es ist nicht die stärkste Spezies die überlebt, auch nicht die intelligenteste, es ist diejenige, die sich am ehesten dem Wandel anpassen kann.“
Charles Darwin, der Vater der Evolutionstheorie, hat den wichtigsten Aspekt der Agilität schon im 19. Jahrhundert erkannt. Nur wer sein Handeln und Denken an die äußeren Gegebenheiten anpasst und flexibel auf Veränderungen reagiert, kann auf Dauer „oben mitspielen“ und Erfolge feiern. Ziehen wir die Parallele zum heutigen Arbeitsmarkt: Die digitale Transformation hält Einzug, bewährte Vorgangsweisen werden umgekrempelt – oder zumindest dahingehend überarbeitet – und agile Prozesse wie Scrum oder Kanban finden ihren Weg in die tägliche Büro-Arbeit. Die Art und Weise, wie und wann wir miteinander kommunizieren und zusammenarbeiten hat sich geändert. Die Umstellung ist groß, die Skepsis der Mitarbeiter vielleicht noch größer. Das gilt für Arbeitnehmer- und -geber gleichermaßen. Jeder und alles muss agil sein – oder werden. Manch einer unter Ihnen mag die Beschäftigung mit diesem Thema vielleicht eher als überflüssige Begleiterscheinung im Zuge eines neumodischen Hypes auffassen. Die Arbeit an sich wird nicht weniger, von Grund auf neu entwickelte Prozess-Mechanismen werden zu Beginn eher als Hindernis oder Zeiträuber wahrgenommen. Doch überwindet man diese erste mentale Blockade, lässt Veränderungen geschehen und zeigt sich offen gegenüber Neuem, wird exakt das Gegenteil eintreten.
Viele grundlegende Elemente des agilen Handelns lassen sich auf Projekte im Leben jedes einzelnen Menschen anwenden. Wie Sie ganz persönlich von der agilen Denke und neuen Handlungsschemata profitieren und Job- sowie Privatalltag effizienter meistern, haben wir anhand der wichtigsten agilen Werte für Sie zusammengestellt. Ein Umdenken lohnt sich!
Zeitmanagement: Sinnvoll planen
Einer der wohl entscheidendsten Faktoren des agilen Handelns ist die Art und Weise, wie mit der kostbaren Ressource „Zeit“ umgegangen wird. Kürzere Planungs- und Feedback-Zyklen sowie Entscheidungswege können Stunden oder sogar Tage einsparen. Wie definiert sich also der Begriff „Zeitmanagement“? Es geht vereinfacht erklärt um die bewusste Kontrolle der aufgebrachten Zeit für bestimmte Arbeitsaufgaben, mit dem Ziel, die persönliche Effizienz zu steigern. Zeit zu fokussieren ist aber leider alles andere als ein einfacher Prozess.
Wie ordnen Sie Ihre Aufgaben also sinnvoll nach Prioritäten und Terminen?
Beispielsweise erledigen Sie wichtige, neue und daher individuelle Aufgaben im Idealfall dann, wenn Sie sich geistig und physisch am fittesten fühlen und veschieben gewisse Routine-Tasks auf den späten Nachmittag oder eben in das kleine „Mittagstief“. Dabei ist es essenziell, kleine Ruhepausen einzurichten, um zwischendurch Kraft zu schöpfen und den Kopf „frei“ zu machen. Eine gewisse Balance zwischen Arbeits- und Ruhephasen muss gewährt werden. Denken wir in größeren Dimensionen, kommt zusätzlich die Work-Life-Balance ins Spiel. Beide Bereiche, Job- und Privatleben, sollten so effizient und ressourcensparend wie möglich (aus-)gelebt werden. Je besser Sie Ihre Freizeit strukturieren, umso mehr Zeit bleibt neben Routine-Aufgaben für die wichtige Erholung übrig. Führen Sie sich immer wieder folgende Fragen vor Augen – egal ob im Job oder privat:
Welche nicht effektiven Tätigkeiten nehmen zu viel Zeit in Anspruch?
Ist das, was ich in einem bestimmten Zeitraum erledige, überhaupt sinnvoll?
Steht die dafür benötigte Zeit auch im richtigen Verhältnis zu einer anderen Zeit?
Effizienz: Kleine, realistische Zielen setzen
In der klassischen Projektarbeit hat man das Endziel, das „Große Ganze“ vor Augen und strebt in allem Tun und Handeln dieses Ziel an. Effizienter im Sinne des agilen Managements ist es jedoch, „Schritt für Schritt“ zu agieren und sich Zwischenziele zu setzen. So kann man sich zum einen besser auf die wesentlichen To-Dos konzentrieren, als auch schneller auf mögliche Änderungen reagieren. So lassen sich auch (Zwischen-)Ziele nachträglich anpassen – ein wichtiger Aspekt. Statt Gefahr zu laufen, sich mit zu vielen Parallelarbeiten zu übernehmen oder in Stress zu geraten, arbeiten Sie besser mit voller Konzentration am nächsten kleinen Erfolg und planen mehrere Feedback-Zyklen ein, die der kontinuierlichen Verbesserung der Arbeitsabläufe dienen.
Nach Feierabend sollten Sie sich ebenfalls eher auf „kleine“ To-Dos stürzen, als nach 18:00 Uhr noch die komplette Sport-Einheit der Woche durchziehen zu wollen oder die schon viel zu lange liegengebliebene Steuererklärung auf einmal anzugehen. Setzen Sie sich realistische Ziele, auch wenn dies bedeutet, eine Nummer kleiner zu planen. Die Erfolgserlebnisse häufen sich, im Gegenzug entfällt die Enttäuschung, gewisse im Vorfeld vorgenommene Aufgaben wieder nicht geschafft zu haben. Das frustriert und macht auf die Dauer unglücklich. Denken Sie agiler, setzten Sie sich realistische Ziele und arbeiten diese Stück für Stück ab.
Kommunikation: Offen und oft miteinander sprechen
Das sogenannte Daily Scrum oder Daily Stand-Up ist fester Bestandteil jeder agilen Vorgehensweise. Mit einem Zeitfenster von maximal 30 Minuten – zu empfehlen sind je nach Bedarf 10 – 15 Minuten – kommen alle Projektbeteiligten einmal am Tag zusammen, um sich über den laufenden Projektstatus upzudaten. Hier wird offen und ehrlich, sowie kurz und knapp auf das Wesentliche eingegangen und mögliche Störfaktoren aufgetan sowie im Anschluss eliminiert. Nur wenn alle Mitarbeiter auf dem gleichen Wissensstand sind, lässt sich auch effektiv am gleichen Strang ziehen. Von einem offenen Miteinander und direkten Austausch profitiert jegliche Art der Kommunikation – ob unter Kollegen oder Freunden.
Visualisierung: Informationen für alle sichtbar machen
Die agile Vorgangsmethode Kanban ist stark geprägt vom Aspekt der Visualisierung der einzelnen Tasks. Hier kommt ein sogenanntes Kanban-Board zum Einsatz. Die einzelnen To-Dos werden in bestimmte Listen einsortiert und der Projekt-Status ist für alle klar erkennbar. So ist jeder auf dem gleichen Wissensstand. Der Fluss des Projekts ist damit sichergestellt und Fortschritte sind klar erkennbar. Im weitesten Sinne gleicht diese Gruppierung einer Art Checkliste, die es gilt, Stück für Stück abzuarbeiten. So gerät kein Element in Vergessenheit oder wird übersehen.
Nun ist die Vorstellung, zu Hause ein White Board für die Familie aufzustellen und Aufgaben zu verteilen sicherlich etwas “überambitioniert”. Die Assoziation mit dem Joballtag ist dann vermutlich zu naheliegend. Doch wesentliche Elemente, wie etwa das Untergliedern in verschiedene Stadien oder der Aspekt, die anderen über seine Tätigkeiten zu informieren, kann Konflikten vorbeugen und Klarheit schaffen. Auch eine übertragene Art der “Rollenverteilung”, wie sie im Scrum Prozess gelebt wird, kann beim ganz persönlichen Aufgabenmanagement in der Familie oder Wohngemeinschaft helfen.