Die Zusammenarbeit in agilen Teams basiert auf kontinuierlicher Kommunikation, kurzen Feedback-Schleifen und Vertrauen in die Kompetenzen der Kollegen. Wir haben mit einer Mitarbeiterin des Startups Alexander Thamm GmbH über die Umsetzung in die Praxis gesprochen.
Charlotte Milaknis arbeitet als Data Scientist bei der Data Science- und IT-Beratung Alexander Thamm GmbH und hat unsere Fragen rund um die Themen Startup-Flair und Agile Zusammenarbeit beantwortet.
Wie entstand die Idee für das einstige Startup Alexander Thamm GmbH?
Unser Gründer Alexander Thamm arbeitete 2007 als Werkstudent in der Datenanalyse bei einer IT-Tochter von BMW. Dort hatte er die Gelegenheit, mit Datamining Pionieren zusammenzuarbeiten. Das detaillierte Wissen, das mithilfe von Daten generiert werden kann, hat ihn von Anfang an fasziniert. Also stieg er immer tiefer in die Materie ein, schrieb seine Diplomarbeit in dem Bereich und arbeitete nach seinem Studium als Freelancer für BMW weiter. Doch er wollte das Thema Data Science in Deutschland allgemein vorantreiben und auch noch andere Unternehmen weiterbringen. Also fasste er all seinen Mut zusammen, schmiss den lukrativen Job als Freelancer und gründete die Alexander Thamm GmbH.
Wie sieht Ihrer Meinung nach eine gelungene, moderne Art der Kommunikation in einem agilen Team aus?
Bei der Alexander Thamm GmbH haben sich in den vergangenen Jahren ein paar Grundregeln etabliert, die uns meiner Meinung nach sehr helfen, unsere Projekte gut durchzuführen.
Meet often but short: Dadurch, dass sich die Anforderung bei einer agilen Arbeitsweise regelmäßig und sehr schnell verändern, sind Absprachen öfters notwendig. Demensprechend versuchen wir unsere Meetings öfters aber kürzer zu gestalten.
Defer Judgement: Vermeide Kritik. Anstatt sich auf die negativen Sachen zu konzentrieren, gilt bei uns die Regel „schlag lieber etwas Besseres vor, anstatt zu kritisieren“. Wir nutzen lieber die Zeit, in der wir andere Ideen schlechtmachen würden, um uns bessere Ideen zu überlegen, die wir dann vorstellen.
Make it visual: Oftmals sehen wir bei unseren Kunden, dass Meeting für Meeting ineffizient genutzt werden, da alle in einem Raum sitzen, ihre Ideen wild in den Raum schmeißen, dann werden sie ewig zu Tode diskutiert, bis Einer am lautesten eine Idee verteidigt, die dann genommen wird und alle anderen Ideen gehen verloren. Wir kommunizieren stattdessen über Post-Its. Jede Idee wird ausgeschrieben, somit halten wir alles fest, können gleiche Ideen clustern oder mit neuen Post-Its erweitern.
Every opinion counts: Es gibt bei uns nicht den typischen Boss, der das Wort vorgibt. Bei uns heißt es: Jedes Wort und jede Idee zählt gleich.
We have empathy: Wir arbeiten fokussiert an unseren Themen, aber genauso wichtig bei uns ist auch die menschliche Komponente. Wir machen deshalb jeden Morgen ein Team Check-in und fragen, wie es jedem geht. Wir wollen wissen, wie es unserem Gegenüber wirklich geht. Wieso das Ganze? Ganz einfach, weil es unsere Arbeit vereinfacht. Stellt euch vor, euer Mitarbeiter ist heute nicht konzentriert und die ganze Zeit ein bisschen genervt. Sie fangen an zu denken, dass es an ihnen legen könnte, was die Arbeit nicht grade erleichtert. In Wahrheit war er aber gar nicht von ihnen genervt, ihr Gegenüber hat heute vielleicht einfach nur verschlafen, deshalb keinen Kaffee getrunken und stand dann auch noch im Stau bis er dann vor der Arbeit in eine Regenpfütze getreten ist.
Eine weitere wichtige Regel ist „Feedback is a gift“: Aus Fehlern lernt man und genau das wollen wir bei einer agilen Arbeitsweise. Aber man lernt nur, wenn man auch für das entsprechende Feedback offen ist, anstatt es zu verdrängen.
Stichwort „New Work“: Was verstehen Sie unter diesem übergreifenden Begriff?
New Work bedeutet für mich vor allem, alte Strukturen aufzubrechen, wie z.B. immer am Arbeitsplatz sein zu müssen, nur bestehende Positionen zu akzeptieren oder alte Arbeitsprozesse. Ab jetzt wird mehr Persönlichkeit in die Arbeit eingebracht und es ist mehr Kreativität von allen Mitarbeitern erlaubt.
Ich glaube, dass sich vor allem das Verständnis von Arbeit sehr stark verändert. Wir gehen nicht mehr nur noch zur Arbeit, um Geld zu verdienen. Wir wollen in der Zeit Spaß haben, lernen, über uns hinauswachsen und vor allem einen wirklichen Beitrag zur Gesellschaft leisten.
Welche Rolle haben jüngere Generationen an diesem Wandel?
Die Einstellung der jungen Menschen ändert sich. Wir, die Generation X, Y und Z, haben andere Ansprüche an unser Arbeitsumfeld und an uns selbst. Das birgt eine große Herausforderung für viele Unternehmen: Wir verlangen mehr, oder auch andere Sachen, und damit müssen sich die Unternehmen auseinandersetzen. Uns reicht es nicht mehr aus, am Monatsende einfach nur mehr Geld zu bekommen. Wir setzen uns meiner Meinung nach mehr mit uns auseinander, dementsprechend wird uns z.B. Feedback von unseren Vorgesetzten immer wichtiger, um uns weiter zu entwickeln. Außerdem wollen wir mehr Zeit und mehr Ressourcen, wie Schulungen und Trainings, um uns weiterzubilden. Vor allem wird auch der soziale Aspekt, also eine gute Arbeitsatmosphäre und eine gesunde Lebensweise am Arbeitsplatz, immer wichtiger.
Können Sie aus Ihrem Alltag konkrete Beispiele nennen?
Meiner Meinung nach geht die Alexander Thamm GmbH stark auf diesen Wandel ein. Das mag zum einen daran liegen, dass es ein junges Unternehmen ist, zum anderen natürlich auch am Gründer, Alexander Thamm, dem agile Prozesse und New Work sehr wichtig sind. Heruntergebrochen sind folgende drei Punkte wichtige Gründe, wieso die meistens bei uns arbeiten:
Super Arbeitsatmosphäre: Neben unserem Fitnessraum und Yoga, kickern wir in unseren Pausen gerne zusammen und gehen nach der Arbeit zusammen feiern. Wir gehen alle sehr respektvoll miteinander um.
Coole Projekte: Wir arbeiten gerne, da wir jeden Tag neue spannende Aufgaben haben, bei denen uns nie langweilig wird und wir lernen bei jedem Projekt etwas Neues dazu.
Freiraum: Jede Idee ist bei uns willkommen, egal wie verrückt sie sich in der ersten Sekunde anhören mag. Unseren Vorgesetzen ist es egal, ob man von Zuhause aus arbeitet oder vor Ort oder vielleicht sogar auf Bali, solange die Arbeit erledigt wird. Das ist schön, denn das signalisiert den Mitarbeitern Vertrauen und das ist wichtig.
Was können klassische Unternehmen konkret von den Workflows und den Strukturen der Startups lernen?
Zwei sehr sinnvolle Methoden werden vor allem bei Startups eingesetzt:
Prototyping: Da bei Startups anfangs meist vor allem Geld fehlt, um Produkte erst zu produzieren und sie dann zu testen, machen es Startups genau andersherum – sie bauen sehr schnell eine grobe Version ihres Produktes, also einen Prototypen, um so schnell wie möglich zu testen und Feedback zu ihren Produkten zu bekommen. Alles nach dem Fail fast and often Prinzip.
Die Customer Centric: In großen Unternehmen verlieren einzelne Bereiche wie z.B. die Produktion, das Verständnis zu den Kunden, da sie zu weit von ihnen entfernt sind. Genau dieses Kundenverständnis ist aber wichtig, wenn es darum geht, neue Lösungen für den Kunden zu brauen. Da Startups anfangs noch so klein sind, müssen Mitarbeiter mehrere Aufgaben übernehmen und somit bleiben sie näher am Kunden.
Kooperationen zwischen Unternehmen und Startups lohnen sich dann vor allem deshalb, weil große Unternehmen von der Startup-Kultur profitieren, da sie durch die Zusammenarbeit langsam zu ihnen "herüberschwappt". Unsere Kunden sind oftmals sehr happy mit uns zu arbeiten, weil sie wieder Spaß an der Arbeit empfinden. Sie merken auch, dass man Ideen viel schneller umsetzen kann und nicht immer ewig in der bürokratischen Warteschleife hängt. Wir entwickeln, testen und entwickeln wieder, und das passiert alles sehr schnell. Das Motiviert unsere Kunden, selbst wieder neue Sachen anzugehen. Auf der anderen Seite lernt man als Startup natürlich auch sehr viel von bereits etablierten Unternehmen und kann von ihrem Erfahrungsschatz immens profitieren.
Im Interview: Charlotte Milaknis