Nicole Thurn ● 3.3.2020

Veränderung im Job? 6 Dinge, die wir von Kindern lernen können

Kinder sind große Lehrmeister für den Umgang mit Veränderung. Ihr Verhalten zeigt uns, wie wir das Arbeitsleben wieder mit mehr Freude und Sinnhaftigkeit gestalten, die Lust am Lernen neu entdecken und mit Fehlern besser umgehen können.

Schon wieder ist alles anders? Veränderung im Arbeitsleben fällt uns häufig schwer. Wir können Gewohntes schwer loslassen. Neues lernen zu sollen, klingt erst einmal anstrengend. Doch gerade jetzt, wenn alle von digitaler Transformation und Wandel sprechen,  können Veränderungen in der Arbeitswelt auch die Chance sein, wieder mehr Lebendigkeit, Freude und Aufregung im Job zu erhalten.

Kinder sind dabei unsere größten Lehrmeister!

Sie entdecken offen und mutig die Welt und sind täglich mit großen Veränderungen und Unsicherheiten konfrontiert. Diese sechs Haltungen können wir von Kindern in Sachen Veränderung lernen:

1. Mit offenen Augen durch die Welt gehen

Kleine Kinder sind im ständigen Entdeckungsmodus. Für sie ist die Welt erstaunlich, voller Wunder und Fragen. Sie begeistern sich für die kleinen Dinge und leben im Moment. Sie sehen die Schönheit in Details, die wir Erwachsenen längst nicht mehr bemerken. Für sie ist vieles ungewohnt. Von ihren mutigen Entdeckungsreisen kehren sie immer wieder zu ihren Eltern zurück, um sich Geborgenheit und Sicherheit abzuholen. So wie sich Kinder über die Eltern als Konstante vergewissern, wenn sie auf dem Piratenschiff des Spielplatzes herumklettern, ist auch im Berufsleben eine Konstante wesentlich, auf die man sich verlassen kann.

Wenn wir es im Arbeitsleben schaffen, das Neue zu entdecken, uns und anderen Fragen zu stellen, den Blick zu weiten, neue und andersartige Themen mit unseren gewohnten Aufgaben zu verbinden und andere Sichtweisen kennenzulernen, werden wir aktiviert. Die Arbeit fühlt sich wieder lebendiger und spannender an. Gleichzeitig benötigt der Mensch auch immer wieder Sicherheit. Das ist Aufgabe der Führung, die das große Ganze, das Ziel, den Rahmen vorgeben sollte.

2. Hinfallen und aufstehen

Stellen Sie sich vor, Sie gehen eine Straße entlang und bei jedem 140. Schritt fallen sie einfach um. Wäre Ihnen das peinlich? Vermutlich. Wären Sie genervt? Bestimmt. Ein kleines Kind, das gerade gehen lernt, macht an einem Tag im Schnitt 14.000 Schritte – und fällt rund hundert Mal hin, bis es irgendwann seinen Gleichgewichtssinn und die Kontrolle über die Bewegungen ausgebildet hat. Das hat Entwicklungspsychologin Karen Adolph von der New York Universität in einer Beobachtungsstudie herausgefunden. Ein kleines Kind ärgert sich auch, weint – und macht dann wieder weiter. Ein Kind denkt noch nicht in Fehlerbewusstsein – es wird dahingehend erst von den Erwachsenen sozialisiert. Was für Sie im Business bedeutet: auch wenn ein Projekt nicht so klappt, wie Sie es gern hätten, auch wenn Ihre Mitarbeiter noch keine Lust auf die neueste Innovation oder das neueste Tool haben: geben Sie nicht so schnell auf, lernen Sie dazu.

Integrieren Sie das Gelernte, modifizieren Sie die weiteren Schritte. Und nehmen Sie Fehler als Erkenntnisbringer an.

Und nicht als etwas, wodurch man in Scham oder Schuldbewusstsein verharren sollte.  Dass Fehler etwas Schlimmes, Vermeidenswertes sind, lernen Kinder erst von den Erwachsenen.

3. Mit Freude gemeinsam lernen

Kinder lernen am besten, wenn sie gemeinsam Wissen erarbeiten, sagt Gerald Hüther. Wenn sie selbstständig und selbstorganisiert in Lerngruppen Wissen erschließen, steigt das Interesse und die Freude über das Gelernte. Ein Problem gemeinsam mit anderen zu lösen, aktiviert die emotionalen Zentren im Gehirn und führt zu Begeisterung und innerer Freude. Durch Freude wiederum wird Dopamin im Gehirn ausgeschüttet, was die neuronalen Netzwerke im Gehirn wachsen lässt und bestehende neuronale Verbindungen festigt. Wer Spaß am Lernen hat, lernt also besser und leichter. Das gilt auch für Erwachsene: wer Spaß daran hat, gemeinsam an Lösungen zu tüfteln, neue Wege zu finden und Projekte trotz Widrigkeiten umzusetzen, freut sich – und lernt fürs künftige Arbeitsleben.

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4. Fragen über Fragen

„Warum ist der Himmel blau?“, „Warum läuft die Frau so schnell?“, „Warum bellt der Hund?“ Mit solchen Fragen können Kinder Erwachsene gehörig ins Stammeln bringen. Hat man dann eine halbwegs rationale Antwort parat, fragt das Kind gerne weiter: „Und warum?“ Mit wissenschaftlichen Google-Erkenntnissen beendet man die Fragerei selten. Kinder wollen den Sinn einer Sache verstehen, keine Fakten hören. Kinder brächten eine tiefe Weisheit mit, schreibt Buchautorin und Psychologin Elke Leger: „Darum wollen sie, wenn sie noch neugierig auf die scheinbar selbstverständlichen Dinge zugehen, nicht wissen, dass die Sonne 149.600.000 Kilometer von der Erde entfernt ist; sie wollen die Begründung dafür wissen, dass sie scheint.“ Für ein kleines Kind ist so vieles neu und verunsichernd. Es weiß noch nicht, ob der Himmel tatsächlich wieder blau sein wird. Daher braucht es Sicherheit, indem es den Sinn hinter einer Sache versteht. Wir Erwachsenen funktionieren gar nicht so anders: auch wir wollen wissen, was uns erwartet, wenn etwas Neues auf uns zukommt. Auch wir wollen wissen, warum die Dinge so passieren (müssen), wie sie passieren.

Neues einordnen und verstehen zu können, gibt jedem Menschen Sicherheit und dadurch auch das Vertrauen, mit der Situation künftig umgehen zu können. Es ist also Sache der Führungskraft, den Sinn der Veränderung, der Maßnahme, möglichst gut zu kommunizieren – und auch, welcher Sinn und Vorteil sich daraus für die Mitarbeiter ergibt.

2019-06-17 14_28_09-7 Gründe, warum die Digitalisierung unsere Gesellschaft verbessertLesen Sie auch: 8 Wege zum Learning Leader

5. Unvoreingenommen sein

Kinder bewerten und beurteilen nicht voreilig. Sie gehen neugierig an die Dinge und auch an andere Menschen heran. Wo wir Erwachsene uns selbst oft blockieren, indem wir andere oder uns selbst abwerten, lassen sich Kinder von ihrer Neugierde und ihrer Begeisterung treiben. Kleine Kinder sind auch von Natur aus sozial intelligent, haben in der Regel ein Unrechtsbewusstsein und wollen andere Menschen einbeziehen, statt sie auszugrenzen. Sie sehen andere Menschen üblich als Helfer an, von denen sie lernen können – vorausgesetzt, sie fühlen sich sicher. Wenn wir uns wieder daran erinnern, wie bereichernd es sein kann, dem anderen zuzuhören und seine ganz andere Meinung zu einer Sache zu verstehen, eröffnen sich neue Möglichkeiten. Das „Ja, und“ statt eines „Ja, aber“ im Denken führt zu neuen Synergien, die Veränderung ermöglichen – und zu mehr Zugehörigkeitsgefühl im Team.

6. Spielerisch an die Dinge herangehen:

Die spielerische Leichtigkeit eines Kindes kann ansteckend wirken. Kinder spielen mit Freude, sind im Moment und im Flow. Dadurch werden sie kreativ und erfinderisch. Langeweile fördert solche kreativen Prozesse, daher warnen Psychologen und Hirnforscher wie Gerald Hüther auch vor der ständigen Smartphone-Beschäftigung. Hüther sagt, Langeweile führe zu mehr Selbstorganisation, denn: das Gehirn mache sich auf die Suche nach Spiel und Ablenkung und werde erfinderisch. Auch Unternehmen, die mehr Kreativität und Innovation wollen, sollten diesen Mechanismus berücksichtigen. Wer die Kreativität der Menschen freilegen und schüren will, muss entsprechende Maßnahmen setzen: mehr Freiraum und Muße, also die Möglichkeit, den Kopf frei zu kriegen. Das zeigen auch Beispiele aus Unternehmen, wo die Mitarbeiter schon seit Jahren etwa 20 Prozent der Arbeitszeit für eigene Projekte aufwenden dürfen. Durch diesen Freiraum hatten Mitarbeiter beispielsweise die Idee zu Google Maps und Google Streetview.

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