Nicole Thurn ● 27.8.2019

Auf dem Weg zur Lernenden Organisation 4.0

Selbstorganisiertes Lernen liegt im Trend. Doch das Etablieren einer neuen, offenen Lernkultur im Unternehmen bedarf weitaus mehr als die Einführung digitaler Tools. Wir haben den Rat einer Expertin für digitales Lernen eingeholt und die besten Lern-Hacks in einem Whitepaper für Sie zusammengestellt.

Ihre Mitarbeiter nutzen die Collaboration App, um auf die E-Mail hinzuweisen? Die Lernplattform lechzt nach Besuchern? Im Social Network schicken die Produktmanager mit Vorliebe Katzenvideos hin und her? Dann läuft in Ihrem Unternehmen wohl etwas gehörig falsch. Denn wenn digitale Lerntools weit unter den Erwartungen genutzt werden, lernt auch Ihr Unternehmen zu wenig dazu. Dabei sollen Lernende Organisationen dem Veränderungs- und Innovationsdruck entgegensteuern: Sie sind Organisationen, die sich an die Gegebenheiten der VUCA-Welt anpassen und in denen das tägliche Lernen und Umgehen mit neuen Bedingungen zum Tagesgeschäft gehören. In Lernenden Organisationen ermöglicht partizipative und kollegiale Führung mehr Selbstverantwortung und Freiraum für die Mitarbeiter und führt so auch zu mehr Kreativität und Innovation. Collaboration, als vernetzte, interdisziplinäre Zusammenarbeit, steht hierbei im Vordergrund, um gemeinsam komplexe Ziele zu erreichen. Das zeigte Peter M. Senge, Direktor des Center for Organizational Learning an der MIT Sloan School of Management bereits im Jahr 1990 auf, als er den Begriff der „Lernenden Organisation“ in seinem Buch „The Fifth Discipline“ prägte.

Eine Lernende Organisation profitiert von digitalen Lerntools, wie Collaboration Apps, Social Networks und digitalen Lernplattformen. Klar ist allerdings: Die lernende Organisation besteht in erster Linie nicht aus Tools, sondern aus lernenden Menschen. Das Lernen soll hier nicht im schulischen Sinne verstanden werden, vielmehr stehen ein offener Austausch auf Augenhöhe in Teams sowie zwischen Führungskräften und Mitarbeitern, proaktive Veränderungsbereitschaft sowie das Ausprobieren neuer Maßnahmen und neuer Lernansätze selbst im Fokus. Und im Miteinander geht es um Offenheit gegenüber Vorschlägen, anderen Meinungen und Argumentationen, um ein „Ja, und“ und nicht ein „Ja, aber“.

Digitales Lernen ist kein Selbstläufer

Digitale Tools können Unternehmen bei der Transformation in eine lernende Organisation allenfalls unterstützen. Digitale Tools sind allerdings kein Selbstläufer, sondern benötigen professionelle Begleitung.

"Man kann selbstreguliertes Lernen von Mitarbeitern nicht erwarten!“, sagt Sandra Niedermeier, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für digitale Lehrformen an der Hochschule Kempten und Trainerin für digitales Lernen. Damit spricht sie auch den häufigsten Fehler an, den Unternehmen auf dem Weg zur Lernenden Organisation machen, nämlich nach der Einführung von digitalen Lerntools zu erwarten, dass die Mitarbeiter sie freudig drauf los nutzen. Die Expertin empfiehlt kontinuierliche Begleitung, indem Mitarbeiter zu eTutoren und digitalen Lernbegleitern oder Mentoren ausgebildet werden. Als Start könnte ein Leuchtturmprojekt in einer Abteilung die Motivation auch bei anderen Mitarbeitern fördern.

 

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„Wichtig ist, dass Führungskräfte vorleben, was es bedeutet, Teil einer Lernenden Organisation zu sein“, sagt Sandra Niedermeier. Etwa offene Diskussionen zu fördern, alle Meinungen zuzulassen und digitale Tools selbst ausgiebig im Arbeitsalltag zu nutzen, um auch bei den Mitarbeitern deren Nutzen sichtbar zu machen.  Ebenfalls wichtig: „Es muss klar sein, wer welche Rolle inne hat und was von ihr erwartet wird.“ Wesentlich seien auch klare Spielregeln innerhalb der Lernplattformen und Apps, wie Sandra Niedermeier an einem Beispiel zeigt: „Ich leite virtuelle Kurse für Studierende und Dozierende. Für jedes Thema übernimmt ein anderer Teilnehmer die Gruppenmoderation. Dafür gibt es klare Regeln, an die sich alle halten müssen.“

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Generell sei bei der Nutzung digitaler Tools vorab wichtig, ihre Relevanz für das Unternehmen zu überprüfen: hipp zu sein, reicht nicht. „Ein Lerntool macht nur Sinn, wenn es effektiv und zielgerichtet genutzt wird. Persönliche Abstimmungen sind einer Collaboration App aber immer vorzuziehen, wenn man in derselben Etage sitzt wie die Kollegen.“ Im virtuellen Raum müsse Führungskräften auch eines klar sein: „Hierarchien wirken sich hier weniger aus, die Mitarbeiter trauen sich in der Regel eher, ihre Meinung zu deklarieren als im persönlichen Meeting“, sagt Sandra Niedermeier. Das könnten sie auch bewusst zum Vorteil nutzen, um mehr Offenheit in Diskussionen zu generieren. Am allerwichtigsten sei jedoch die kontinuierliche Begleitung über Schulungen und Formate zu mehr Reflexion und Selbstreflexion: „Welcher Lerner bin ich? Was brauche ich, um gut zu lernen und wie gehen andere mit dem Thema lernen um?“ Damit sind Unternehmen auf dem besten Weg, eine Lernende Organisation zu werden.

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