Vor uns liegt eine Hochgeschwindigkeitszukunft, in der menschliche und künstliche Intelligenzen immer enger zusammenarbeiten. Kann das gut gehen? Die HR-Abteilung muss Ängste nehmen und Mitarbeiter motivieren.
Menschen, humanoide Roboter und künstliche Intelligenzen (KI) bewegen sich mit beeindruckendem Tempo aufeinander zu. Was Forschung, Wissenschaft und Praxis uns dazu berichten, ist atemberaubend. So entwickelt sich die Technologie um ein Vielfaches schneller als herkömmliche Organisationen, die linear agieren und auf das Verbessern von Bestehendem zielen. Digitaltechnologien hingegen erfinden völlig Neues, bauen exponentiell aufeinander auf und vernetzen sich miteinander. Diese Entwicklung erfordert ein Denken und Handeln in neuen Geschwindigkeiten. Linear ist wie addieren. Exponentiell hingegen wie multiplizieren. Und das wiederum heißt: Erst langsam, dann plötzlich ganz schnell.
Nie wieder wird der Wandel so gemächlich voranschreiten wie heute. Denn jede technologische Verbesserung führt dazu, dass die nächste Verbesserung rascher erreicht werden kann.
Quantencomputer werden das Tempo noch einmal toppen. Sie werden uns zu technologischen Sprüngen von nie gekannten Ausmaßen führen. Quasi in jedem Jahr kann nun ein sogenannter Gutenberg-Moment passieren. Ein Gutenberg-Moment ist eine radikale Idee, welche die Menschheit neu handeln lässt und damit die ganze Welt ein Stück weit verändert. So werden wir in den nächsten Dekaden technologische Sprünge sehen, die alles bisher Erlebte in den Schatten stellen. Es werden Dinge möglich sein, die wir aus Science-Fiction-Filmen zwar kennen, uns aber im wahren Leben noch gar nicht recht vorstellen können. Und sie werden nicht erst im nächsten Jahrhundert kommen, sondern in fünf oder zehn oder 20 Jahren.
Gemeinsam sind wir auf dem Weg in eine Zeit, in der fast alles anders sein wird als jemals zuvor. Gemeinsam sind wir auch verantwortlich dafür, dass dieser Weg ein guter wird: für den Lebensalltag der Menschen, für das eigene Unternehmen, für die Wirtschaft als Ganzes, für die Gesellschaft. Und die Weichen dafür stellen sich jetzt.
Dabei geht es gar nicht um die Digitalisierung per se, denn Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Sie dient einem „wofür“. Sie soll das Leben der Menschen besser, das Arbeiten effizienter und die Unternehmen erfolgreicher machen. Dazu braucht es eine passende organisatorische Struktur – und eine agile Unternehmenskultur. Digitale Expertise kann zugekauft werden. Anpassungsvermögen und Umsetzungsgeschwindigkeit hingegen lassen sich nur von innen heraus entwickeln. Dies erfordert zweierlei: Eine Erneuerung der internen Strukturen und ein Vorrücken der zwischenmenschlichen Beziehungsarbeit. Denn das Konzeptionelle verknüpft sich immer mit dem Sozialen. „Eine naive Technikglorifizierung ohne Humanorientierung und ohne gesellschaftliche Verantwortung ist eine ernste Gefahr“, bekräftigt der Digital-Vordenker Winfried Felser, Betreiber der Competence Site, einem Kompetenz-Netzwerk mit Experten aus Wissenschaft und Praxis zu den Themenbereich Management, IT und Technik.
Noch immer geistert in den Medien eine ominöse Studie aus dem Jahr 2013 herum: Benedikt Frey von der Oxford Martin School und Michael Osborne von der University of Oxford haben darin errechnet: 47 Prozent der Arbeitsplätze verschwinden durch KI & Co. Jedoch ist dies eine Negativ-Studie, das heißt, sie zeigt nur, was man verliert, nicht aber, was man dazugewinnt. Neue Arbeitsplätze durch neue Berufe und neue Branchen werden in der Studie nicht aufgezeigt. Solch tendenziöse, zudem falsch aufgesetzte und von Eigenzielen geleitete Studien sollte man besser lassen, denn sie machen den Menschen nur Angst. Wachsamkeit ist sicher angebracht, wenn man Neuland betritt, doch pure Angst ist ein schlechter Wegbegleiter, weil sie blockiert. Für die Mutigen bietet die Zukunft vor allem auch Chancen.
Anstatt also Horrorvisionen nachzuhängen, die, wenn überhaupt, in weiter Ferne liegen, sollten wir uns besser damit befassen, wie eine Mensch-Maschine-Kooperation zum Wohl des Unternehmens heute und morgen aussehen kann.
Natürlich ist Neuland unsicheres Terrain. Das war schon so, als die Menschen sich sesshaft machten. Sicher haben damals Berufspessimisten vor dem kollektiven Verhungern gewarnt. Doch siehe da: Das Zusammenrücken hat Zivilisation und damit auch Kooperation in großem Stil überhaupt erst ermöglicht. „Die Steinzeit ist nicht zu Ende gegangen, weil den Menschen die Steine ausgingen, sondern weil sie sich neuen Technologien zugewandt haben“, konstatieren die Archäologen.
KI & Co. haben auf vielen Gebieten das Potenzial, tiefgreifende Veränderungen zum Positiven hin zu bewirken. Eine gute Beziehung zwischen Mensch und Denkmaschine ist deshalb elementar. Wenn beide einträglich zusammenarbeiten und Freunde werden, sind sie als Tandem sowohl dem Menschen allein als auch der Maschine allein überlegen. Kernfragen sind also:
Was kann KI besser als Menschen?
Was können Menschen besser als KI?
Welche neuen Leistungen können Menschen mit Unterstützung der KI erbringen?
Wann überlassen wir die Arbeit der KI voll und ganz – und wann schreiten wir ein?
Wie kann es gelingen, das Beste von Beidem so miteinander zu verknüpfen, dass daraus ein perfektes Ergebnis entsteht?
In diesem Kontext hat HR vor allem Sorge dafür zu tragen, dass der Mensch das Sagen behält und die Menschlichkeit im Unternehmen die Oberhand hat. Die eingesetzten Technologien müssen dem Wohlergehen der Mitarbeiter und Kunden dienen. Dafür müssen sie auch verstanden werden (Stichwort Weiterbildung). Daten kennen keine Moral. Die Moral muss von den Menschen kommen. Der Profitgedanke rechtfertigt nicht jedes Mittel. Und nicht alles, was machbar ist, sollte man machen.
Unternehmen werden durch Technologien verändert, aber durch ihre Menschlichkeit definiert – und zwar beides in Zukunft mehr als jemals zuvor.