Dominic Lindner ● 23.8.2019

Wer Digitales wagt, gewinnt -  an Erfahrung und Personal

Jeder Arbeitnehmer träumt von einem spannenden Job in moderner Arbeitsumgebung - Work-Life-Balance inklusive. Hält man sich aktuelle Zahlen vor Augen, sieht die Realität in deutschen Unternehmen anders aus - oder wird zumindest falsch kommuniziert. Warum Arbeitgeber Mut zur digitalen Veränderung beweisen müssen, um im War for Talents zu gewinnen.

Einige Experten behaupten, den Fachkräftemangel gäbe es überhaupt nicht. Qualifizierte Arbeitskräfte seien in Hülle und Fülle vorhanden. Allerdings fehle es an der Kompetenz von Unternehmen, diese mithilfe der Digitalisierung und einem positives Employer Branding von sich selbst als guten Arbeitgeber zu überzeugen. Doch ist dies wirklich so? Und wenn ja, was können Unternehmen dagegen tun? Ein Best Practice soll zeigen, worauf es in Zeiten der Digitalisierung beim Werben von Fachkräften wirklich ankommt.

Der Fachkräftemangel ist ein aktuell heiß diskutiertes Thema in Deutschland. Verbände wie die Deutsche Industrie- und Handelskammer geben dabei immer wieder neue Studien zum Thema heraus. So gäbe es beispielsweise bereits eine Personalknappheit von ca. 2 Millionen freien Stellen in Deutschland, wie auch in einem Artikel des Magazins WELT zitiert wird. Dementsprechend wird es zunehmend wichtiger, das eigene Employer Branding im Rahmen von Digitalisierungsvorhaben nicht aus den Augen zu verlieren. Doch genau dieser wichtige Schritt wird Unternehmen aktuell häufig zum Verhängnis. Statt sich technologische Tools und Maßnahmen beim Aufbau von Reputation und Image zu Nutze zu machen, setzen viele Organisationen bei der Personalgewinnung noch immer auf veraltete Maßnahmen. Mit schwerwiegenden Folgen: Denn immer mehr Fachkräfte orientieren sich mittlerweile ins Ausland um, da Sie dort bessere Bedingungen geboten bekommen.

Eine Best Practice für effizientes Employer Branding

Eine Lösung für dieses Problem stellt ganz klar die Optimierung des Employer Branding dar. Dieses spielt insbesondere auch bei der Personalbeschaffung eine entscheidende Rolle. Die Bewerbung oder die Ansprache eines Kandidaten ist der Zeitpunkt, an dem Unternehmen und Bewerber das erste Mal bewusst aufeinandertreffen, also sozusagen der erste richtige Eindruck, der der potentiellen Fachkraft vermittelt wird. Hier mit einem positiven Bewerbererlebnis aus der Menge hervorzustechen, kann daher einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil darstellen, wenn es um die Rekrutierung neuer Talente geht. Trotzdem schöpfen noch immer nicht genügend Unternehmen hierbei das Potenzial der Digitalisierung vollends aus und verstecken sich stattdessen hinter Masken längst veralteter Verfahren oder viel zu hoch angesetzter Erwartungen in Relation zu den gebotenen Konditionen. Doch es geht auch anders. – nur müssen Unternehmen hierzulande dafür einiges ändern.

Wie man es nicht macht: Zu hohe Erwartungen zu falschen Konditionen stellen

Ein ganz großes Problem beim Fachkräftemangel stellen vor allem zu hohe Anforderungen dar. Oftmals sind sich Unternehmen dabei gar nicht bewusst, wie gering die Zahl der Fachkräfte ist, die wirklich auf die Jobbeschreibung passt. Dementsprechend müssen Organisationen mit etwas hervorstechen können, um diese Bewerber von sich zu überzeugen. Stattdessen versuchen viele Unternehmen aber weiterhin befristete Verträge mit schlechter Bezahlung oder althergebrachten Arbeitsmodellen zu vermitteln.

Die Lösung: Organisationen sollten es Ihrer ausländischen Konkurrenz gleichtun und moderne Standards, faire Bezahlung und flexible Arbeitszeitmodelle bieten. Denn genau das ist auf dem aktuellen Arbeitsmarkt gefragt. 

Best Practice: Wie es richtig gemacht wird, zeigte (schon vor vielen Jahren) zum Beispiel ein Handwerksunternehmen aus Schleswig-Holstein, das seinen Bewerbern auf Ingenieurstellen neben den richtigen Bedingungen auch noch Karten für ein in dieser Branche beliebtes Heavy-Metall Festival zur Verfügung stellte und damit bereits im Bewerbungsprozess aus der Menge hervorstach. Weitere Beispiele sind Tchibo, Siemens oder auch die Unternehmensberatungen McKinsey und Roland Berger. Während Tchibo und Siemens in ihren Headquartern in Hamburg und Berlin moderne Gesundheitszentren sowie Freizeit- und Fitnessbereiche für ihre Mitarbeiter eingerichtet haben und diesen fortwährend zur freien Verfügung stellen, werben die Beratungskonzerne mit sogenannten „Sabbaticals“, also der Möglichkeit, auch einmal längere Auszeiten vom Job zu nehmen.

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Wie man es nicht macht: Image und Reputation vernachlässigen

Aber auch das Unternehmensimage und die Reputation spielen eine entscheidende Rolle. Wer seine Belegschaft vernachlässigt und unter schlechten Bedingungen arbeiten lässt, verliert über kurz oder lang nicht nur an qualifizierten Arbeitskräften, sondern steht sich auch bei der Rekrutierung neuer Talente selbst im Weg. Denn insbesondere negative Erfahrungen am Arbeitsplatz werden gerne und häufig nach außen kommuniziert und tragen dazu bei, den Ruf des Unternehmens langfristig zu schädigen. Gleichzeitig ist es für Unternehmen bei der heutigen Dichte und Stärke der Konkurrenz aber auch essentiell, sich auf dem Arbeitsmarkt zu positionieren.

Die Lösung: Beim „War for Talents“ sollten Unternehmen nicht nur potentielle Bewerber im Blick behalten, auch wenn dies im Onlinegeschäft im Hinblick auf die Betreuung von Neu- und Bestandskunden häufig Alltag ist. Stattdessen sollten auch Maßnahmen für die bereits bestehende Belegschaft getroffen werden, um langfristig und vor allem auch überzeugend als attraktiver Arbeitgeber auftreten zu können. Reputation und Image sollten dabei von kleinen und mittleren Betrieben insbesondere auch durch unkonventionelle Strategien, wie bspw. spezielle Events, sowie Investitionen in Werbung für das Unternehmen gestärkt werden.

Best Practice: Dies hat beispielsweise die bayrische Firma KristallTurm bereits vor einem halben Jahrzehnt erkannt und sich im Zuge dessen von einem regionalen Betrieb zu einem echten Konkurrenten auf dem globalen Markt entwickelt. Beachtet man, dass es sich beim Unternehmen um einen Betrieb in einem abgelegenen Teil der bayrischen Alpen handelt, kann man schnell ableiten, wie viel Wert man im Unternehmen auf die eigene Reputation legen musste und welche großen Investitionen für ein gutes Image getätigt werden mussten. Attraktiv hat sich das Unternehmen dabei vor allem auch mit seiner vielseitigen Branchentätigkeit gemacht. Hier wird nicht nur eine einfachen Strategie verfolg. Stattdessen vermischte das Unternehmen ein modulares Produkt mit Maßnahmen aus dem Touristen-Management, interaktiven Karten und modernen Finanzierungsmodellen. Spannende Aufgaben locken spannende Bewerber.

Wie man es nicht macht: An alten Mustern festhalten

Oftmals mangelt es Unternehmen aber auch einfach an der Kompetenz neue Wege einzuschlagen. Doch genau diese veralteten Denkmuster schrecken insbesondere junge Bewerber ab, die als Digital Natives nach modernen Arbeitgebern suchen. Vielen Organisationen fällt es in diesem Zusammenhang schwer, einen optimalen Rahmen zu schaffen.

Die Lösung: Statt sich den Möglichkeiten der Digitalisierung, des Einsatzes künstlicher Intelligenz oder eines digitalen Führungsstils zu verschließen, sollten Unternehmen diese als Chance nutzen, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren. Die Umstellung auf Prozessautomatisation sowie die Möglichkeit berufsbegleitender Weiterbildungen können dabei ein genauso vielversprechendes Konzept darstellen wie der Einsatz von moderner Software oder die Nutzung von Social Media.

Best Practice:

Das Kölner Konditorei-Unternehmen „TörtchenTörtchen“ ist genau auf diesen Zug aufgesprungen. Statt nach althergebrachten Methoden zu agieren, beschloss das Unternehmen rechtzeitig neue Wege einzuschlagen, um so aus der Menge hervorzustechen. Dafür beschloss das Management ein Rezeptbuch zu erstellen, dass auf Basis der Erfahrungen verschiedener Blogger, Influencer, Food-Kenner sowie Fans und Kunden mit den besten Rezepten der Welt gefüllt werden sollte. Eine Idee, die neben dem Direktmarketing auch Maßnahmen aus dem Event-, Erlebnis-, Social-Media- und Influencer-Marketing miteinander vereint. Das Konzept fand großen Anklang und wurde schließlich sogar mit dem Marketingpreis des deutschen Handwerks ausgezeichnet. Mut zur Innovation zahlt sich aus.


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Fazit: Unternehmen müssen umdenken

Ob es den Fachkräftemangel nun wirklich gibt oder ob es sich nur um einen Mythos handelt, sei dahingestellt und liegt auch ganz sicher im Auge des Betrachters. Letztendlich spielt es allerdings auch keine Rolle, denn der Fakt, dass Unternehmen keine passenden Bewerber finden und sich Fachkräfte reihenweise über unzureichende Jobangebote hierzulande beklagen, zeigt, dass bei Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt etwas gehörig schief laufen muss.

Aus der Sicht von Unternehmen ist es dabei wichtig, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren, um qualifizierte Fachkräfte zurückzugewinnen. Gleichzeitig müssen Organisationen die eigene Erwartungshaltung überdenken oder schlichtweg bessere Konditionen bieten. Egal für welche Möglichkeit sich ein Unternehmen dabei entscheidet, beim „War for Talents“ gibt es immer zwei Seiten der Medaille. Unternehmen, die gute und hochqualifizierte Arbeitskräfte beschäftigen wollen, müssen auch den passenden Rahmen dafür bieten. Ohne ein gewisses Umdenken wird es ansonsten auch weiterhin schwer bleiben, sich auf dem Arbeitsmarkt gegenüber der (ausländischen) Konkurrenz klar positionieren zu können.

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