Antonia Laier ● 19.9.2018

Digital Leadership – Herausforderungen und Chancen

Im Zeitalter der Digitalisierung ergeben sich neue Anforderungen für Führungskräfte. Ein überarbeitetes "Digital Mindset" ist gefragt, welches die Grundlage für einen neuen Führungsstil bildet, den Digital Leadership.

Welche neuen Anforderungen stellt die Digitalisierung an Führungsrollen?

Das Innovationstempo hat in den letzten Jahren neue Höchstgeschwindigkeiten erreicht. Und es schickt sich an, noch eine Schippe drauf zu legen: Virtual und Augmented Reality, das Internet der Dinge und die vollautomatisierte Industrie 4.0 stehen bereits in den Startlöchern, um die Welt, wie wir sie kennen, völlig umzukrempeln. Um mitzuhalten, benötigen moderne Führungskräfte, sogenannte Digital Leader, ein fundiertes Technologieverständnis, das kontinuierlich ausgebaut werden muss.

Vernetzte Eco-Systeme nutzen

Industrien, Marketingkanäle und Verkaufsplattformen verlassen immer häufiger traditionelle Bahnen, um sich mit neuen Feldern zu vernetzen. Ein gutes Beispiel bietet der Omnichannel-Commerce: Der Kunde erhält in der Post einen Flyer, informiert sich dann online auf der Firmenwebseite, lässt sich als nächstes vor Ort im Geschäft beraten, um am Schluss bei Amazon zu kaufen. Digital Leadership macht sich diese neuen Eco-Systeme zunutze, statt an eingefahrenen Bahnen festzuhalten.

Vertrauen schaffen und Communities verstehen (We-dentity)

Gerade weil persönliche Vertrauensverhältnisse mit Geschäftspartnern in der digitalen Welt an Bedeutung verlieren, dürstet der Kunde nach dem Gefühl von Vertrauen. Er möchte wissen, dass er sich in einem sicheren Umfeld bewegt und dass er die richtige Kaufentscheidung fällt. Die Herausforderung für Digital Leader besteht darin, digitale Marketing- und Verkaufsprozesse um wirksame Trust-Elemente zu erweitern, z.B. authentische Berichte von anderen Anwendern. Als Gegengewicht zum Verlust von persönlichen Vertrauensverhältnissen formiert sich online ein nie dagewesener Community-Spirit. In sozialen Netzwerken und Gruppen tauschen sich User über alles aus, was sie bewegt; natürlich besprechen sie hier auch Konsumentscheidungen. Diese kollektive Intelligenz gilt es zu verstehen, und das Marketing darauf abzustimmen. Das ermöglicht auch ein direktes Re-Agieren, beispielsweise als verfügbarer Ansprechpartner im Rahmen der Krisen-PR. Noch weitere Kreise zieht das Thema „social“. Über soziale Netzwerke verbreiten sich News, Inhalte und Konsumtrends viral wie ein Lauffeuer. Genauso schnell können Trends und Meinungen im Social Net aber auch ins Gegenteil umschlagen oder in der Versenkung verschwinden.

Agil agieren und reagieren

Um flexibel und schnell auf Veränderungen reagieren zu können (technologischer und sozialer Natur), aber auch um Chancen frühzeitig zu nutzen, bedarf es einer extrem anpassungsfähigen Managementmethode. Agile Vorgehensweisen, wie sie aus der Softwareentwicklung bekannt sind, bieten auch für Führungskräfte einen erfolgsversprechenden Ansatz:

Das VUCA-Modell gliedert die eben genannten Trends in vier grundsätzliche Tendenzen der digitalen Zukunft:

Volatility („Flüchtigkeit“): Ständige Veränderung ist an der Tagesordnung, Ereignisse sind schwer vorhersagbar.

Uncertainty („Unsicherheit“): Erfahrungswerte verlieren an Bedeutung, langfristiges Planen ist fast unmöglich.

Complexity („Komplexität“): Eine klare Trennung zwischen verschiedenen Unternehmensfeldern ist nicht mehr möglich, alle Elemente beeinflussen sich gegenseitig.

Ambiguity („Mehrdeutigkeit“): Klare moralische Werte und Kategorien gibt es nicht mehr. Statt Schwarz und Weiß dominieren die vielen Graustufen dazwischen.

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Digital Mindset:

Angesichts dieser Herausforderungen stellt sich die Frage: Wie soll sich das Management aufstellen, um der digitalen Zukunft erfolgreich gegenüberzutreten? Der erste Schritt besteht in der Entwicklung eines agilen, digitalen Mindsets.

Das Digital Mindset zeichnet sich aus durch:

  • Chancenbewusstsein: Die neue Führung erkennt Möglichkeiten, die sich durch die Digitalisierung ergeben, und setzt diese praktisch um.

  • Vernetztes Denken: Ereignisse, Trends und Issues werden nicht isoliert betrachtet, sondern immer im Kontext. Es besteht ein tiefes Verständnis für Zusammenhänge zwischen der digitalen und der realen Welt. Wechselwirkungen werden erkannt und antizipiert.

  • Offenheit: Die Digitalisierung wird nicht als Bedrohung, sondern als Chance begriffen. Digital Leader begegnen Veränderungen nicht mit Angst, sondern mit Neugier.

  • Dezentralität: Kleine, selbstorganisierende Teams sind das favorisierte Arbeitsmodell. Starre Hierarchien haben ausgedient.

  • Diversität: Kooperation über kulturelle, religiöse und sexuelle Grenzen hinweg ist ein Muss. In einer global vernetzten Welt ist kein Platz für Schubladendenken.

  • Kritisches Denken: Paradigmen werden ständig hinterfragt und im Plenum diskutiert – das schließt auch die eigene Führungskultur mit ein.

Tools und Methoden:

Natürlich ist das Digital Mindset nur der Anfang. Es bildet gewissermaßen den Nährboden für die Tools und Methoden, mit denen der Manager in Praxis Veränderungen anstößt und begleitet.

Lean Leadership

Lean Leadership lehnt sich an das von Toyota entwickelte Lean Management an. Zu den Kernprinzipien gehören:

  • Befähigen statt belehren: Statt von Mitarbeitern "Gehorsam" einzufordern, werden sie gefördert und bekommen schrittweise mehr Verantwortung übertragen.

  • Kontinuierliche Optimierung: Alle Prozesse werden kontinuierlich hinterfragt und sinnvoll modifiziert. Auch kleine Details verdienen Aufmerksamkeit. Dieser Optimierungswille bezieht die eigene Person mit ein: Führungskräfte entwickeln sich zuerst selbst weiter, um dann andere weiterentwickeln zu können.

  • Positive Fehlerkultur: Fehler werden nicht "bestraft", sondern als Entwicklungschance begriffen. Wer viele Fehler macht, lernt in kurzer Zeit auch viel.

Agiles Management

Anders als traditionelle Managementmethoden geht agiles Management nicht von organisatorischen Silos aus, sondern vom Kundennutzen. Dafür kommt ein iteratives Vorgehen zum Einsatz: Kunden erhalten Produkte beziehungsweise Lösungen schon nach kurzer Zeit in kleineren Teilen, statt nach einer langen Produktionsphase in einem Stück. Fortlaufende Anpassungs- und Verbesserungsschleifen sind typisch für ein agiles Vorgehen.

Working Out Loud (WOL):

WOL bezeichnet eine Methode, bei der Arbeit nicht nur erledigt, sondern auch der Arbeitsprozess und das Know-how aktiv mit anderen geteilt werden, z.B. über soziale Medien. So werkelt das Management nicht isoliert an der Spitze vor sich hin, sondern fördert einen vertikalen Austausch durch das gesamte Unternehmen.

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