Lars-Peter Linke ● 4.2.2019

Kreatives Denken im Design Thinking: Divergieren und Konvergieren

Design Thinking ist so erfolgreich, weil es in kurzer Zeit Ergebnisse liefert. So beliebt ist es, weil es unterschiedliche Persönlichkeiten anspricht, die sich zu gleichen Teilen mit der Methode anfreunden können: die Großdenker und die Detailverliebten.

Wer Innovationen gezielt entwickeln möchte, braucht eine Methode. Die kühnsten Ideen sind wertlos, wenn sie unrealisierbar sind. Andererseits kann jede gute Idee vorschnell sterben, wenn ihr die Bedenken und Zwänge zu schnell den Raum zur Entfaltung nehmen. Design Thinking umschifft diese Klippen eines Innovationsprozesses einfach und elegant, weil es den kreativen Prozess in zwei Denkphasen einteilt und beide zu ihrem Recht kommen lässt: Divergierendes und Konvergierendes Denken.

Divergierendes Denken

Divergierendes Denken sucht nach vielen Lösungsmöglichkeiten für ein Problem, ganz nach dem Prinzip: Masse statt Klasse. Brainstorming ist ein typisches Beispiel für dieses freie Denken: Alle Einfälle werden schnell auf Post-Its geschrieben und festgehalten, ohne sie zu bewerten, zu diskutieren oder zu vergleichen. Viele Menschen lieben diese Denkweise, weil sie sich zumindest für einen Moment nicht auf Beschränkungen, Hemmnisse und Engpässe konzentrieren müssen. Stattdessen können sie frei assoziieren, Verbindungen knüpfen und kreativ kombinieren. Phantasie kommt zu ihrem Recht. Andere Menschen wiederum verunsichert dieses Denken. Naturgesetze scheinen ebenso außer Kraft gesetzt wie die harte Unternehmensrealität: Budgets, Zeitpläne, Erfahrungswerte. Menschen, denen es beim freien Brainstorming schwerfällt, den inneren Ordnungshüter und Kassenwart zum Schweigen zu bringen, müssen sich klar machen, dass diese Zurückhaltung sehr wichtig und zum Glück nur von kurzer Dauer ist. Die positive, bejahende und ungezwungene Suche nach Problemlösungen ist die Voraussetzung, um Optionen zu schaffen, Altes und Neues zu verknüpfen und unbeschrittene Wege zu entdecken. Natürlich muss auf das freie Assoziieren auch eine entgegengesetzte Denkphase folgen. Sonst wäre Design Thinking wirklich nur Träumerei und Spielerei.

Konvergierendes Denken

Wenn wir konvergierend denken, greifen wir bewusst auf vorhandenes Wissen zurück. Wir verwenden Regeln und Gesetzmäßigkeiten, um Ideen und Gedanken zu strukturieren und zu erklären: Im Design Thinking werden in einer abgeschlossenen Phase Ideen und Ansätze, die durch divergierendes Denken erzeugt worden sind, geclustert, priorisiert und mit Blick auf die Realität angeordnet. Deshalb muss ein Prototyp, der schnell und unkompliziert mit Materialien gebastelt wird, nicht nur dem puren Vergnügen dienen, sondern klaren Regeln folgen: Die Lösung, die er repräsentiert, muss sich an den Unternehmenszielen ausrichten. Sie muss technologisch umsetzbar sein und das Bedürfnis der Kunden befriedigen.

Design Thinking bringt Strukturierer und Assoziierer zusammen

Psychologen und Lernexperten haben schon oft nachgewiesen, dass kreativer Erfolg sich (nur) dann einstellt, wenn divergierendes Denken auf konvergierendes Denken trifft. In unseren Köpfen finden oft beide Denkweisen gleichzeitig statt. Dass kann gut gehen. Beide Denkrichtungen können sich aber auch gegenseitig blockieren.

Design Thinking trennt die Denkphasen und weist beiden zu gleichen Teilen Zeit und Aufmerksamkeit zu. So kann die Methode neue und praktikable Lösungen hervorbringen. Und sie bringt Menschen zusammen, die sich auf Grund ihrer Denkvorlieben eigentlich lieber aus dem Weg gehen: Freie Assoziierer, die Abwechslung, Unbekanntes und Undefiniertes mögen treffen auf hartnäckige Strukturierer, die mit Regeln, Mustern und Definitionen für Ordnung sorgen. Beide haben Recht, beide bekommen Recht, beide haben Spaß an der Lösung von Problemen. Was will man mehr?

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