Anne M. Schueller ● 29.4.2019

Corporate Storytelling: Jeder Mitarbeiter braucht eine gute Geschichte

In jedem Unternehmen schlummern unerzählte Geschichten. Sie müssen aus ihrem Dornröschenschlaf wachgeküsst, schön hergerichtet, in die Welt hinausgeschickt und weiterverbreitet werden. Von Corporate Storytelling spricht man in diesem Fall. Mitarbeiter sind hierbei die besten Weitererzähler.


Wer möchte, dass seine Mitarbeiter draußen am Markt als Botschafter agieren, sollte zunächst für eine wirklich gute Unternehmenskultur sorgen. Denn nur, wer wirklich empfehlenswert ist, wird weiterempfohlen. Und wer etwas weitererzählen soll, muss Gutes zum Weitererzählen haben. Das Schaffen von erstklassigen Empfehlungsgründen wird somit zur Daueraufgabe des gesamten Unternehmens. Sodann geht es um interessanten Gesprächsstoff, den man gerne mit seinem Netzwerk teilt. Storytelling-Formate haben sich dabei besonders bewährt.

Menschen sind sehr empfänglich für Geschichten, weil unser Oberstübchen bildhaft denkt. Neurowissenschaftler glauben, dass jeder Denk- und Entscheidungsprozess von einem inneren Kopfkino begleitet wird. Dabei mögen wir am liebsten Geschichten mit glücklichem Ausgang. Doch mal ehrlich: Welche Storys werden bei Ihnen auf den Gängen, in der Kantine und am Telefon erzählt? Was wird von Praktikanten ausgeplaudert und von Außendienstlern unters Volk gebracht? Welche Darstellungen verbreiten die Führungskräfte? Und welche der Pförtner, wenn man ihn fragt?

Wie man für interessanten Gesprächsstoff sorgt

Das Bild, das Ihre Leute zeichnen, ist das Bild, das man von Ihnen haben wird. Also: Erzählen Sie die Geschichten, die man über Sie erzählen soll!

Reden Sie über Resultate und nicht über Probleme! Von einem positiven Image werden alle wie magisch angezogen: die Mitarbeiter und die Kunden.

Erfolgsgeschichten spornen uns an, sie beflügeln und setzen eine Menge Energien frei. Sie werden gut behalten und gerne weitererzählt. Suchen und finden Sie also positive kleine Stückchen Konversationsmaterial. Machen Sie aus wahren Begebenheiten reizvollen Geschichten-Content. Profis schaffen sich dazu einen intern frei zugänglichen Content-Pool an, aus dem die Mitarbeiter fortlaufend schöpfen können. Im Vordergrund stehen dabei Informationen, die einen hohen Mehrwert haben, und Geschichten, die den Spirit eines Unternehmens gut repräsentieren. Das Unternehmen selbst tritt nur ganz dezent als Urheber der Inhalte auf. Im Vordergrund stehen die Mitarbeiter.

Ziel ist es, bei Toptalenten und in der Gesellschaft Interesse zu wecken, Vertrauen aufzubauen und die anvisierten Zielgruppen an die Arbeitgebermarke heranzuführen. Stichwort Employer Branding. Dafür kommen unter anderem Fachbeiträge, Checklisten, Präsentationen, Erklärvideos, Podcasts, Webinare, Infografiken und Bilder infrage. Und natürlich Geschichten.

Versuchen Sie es mal mit Guerilla-Recruiting

Storys über originelle Recruiting-Aktionen werden besonders rege weiterverbreitet, insbesondere auch von den eigenen Mitarbeitern, die so den Stolz über ihren Arbeitgeber in die Welt hinaustragen können. Dies trifft vor allem dann zu, wenn es sich um Guerilla-Recruiting handelt.

Guerilla-Recruiting? Seinen Ursprung hat es im Guerilla-Marketing. Hinter diesem martialisch klingenden Begriff stecken viel Kreativität und immer wieder neue Überraschungen. Gut gemachte Guerilla-Aktionen sind im wahrsten Sinne des Wortes einmalig, sie sind mutig, frech, unkonventionell, provokativ - und viral. Sie kommen mehr oder weniger unangekündigt wie aus dem Nichts. Sie polarisieren und bringen sich so ins Gespräch. Man mag sie oder man mag sie nicht, aber man redet darüber. So kann es mit vergleichsweise kleinem Budget gelingen, potenzielle Bewerber per Guerilla-Taktik auf sich aufmerksam zu machen. Aus dem Hinterhalt kam zum Beispiel die Kündigungskalenderkampagne der Hamburger Werbeagentur Jung von Matt, die beim Kreativ Festival in Cannes einen Goldenen Löwen gewann. Der Kalender lieferte 365 unterschiedlich vorformulierte Schreiben, mit denen Kreative bei ihrem bisherigen Arbeitgeber kündigen konnten, um schneller eine Stelle bei JvM antreten zu können.

Recruiting 4.0 GLossar

Beispiele für gelungenes Guerilla-Recruiting

Die Agentur Scholz & Friends konterte mit einer Aktion, bei der ein in der Werbeszene sehr beliebter Pizza-Lieferservice zum Einsatz kam. Wenn ein Agenturmitarbeiter dort eine Pizza bestellte, wurde zusätzlich eine kostenlose „Pizza Digitale“ mitgeliefert – eine Pizza mit einem QR-Code aus Tomatensoße. Hierüber gelangte man direkt zu einem Jobangebot. Zwölf Bewerbungen gingen daraufhin ein. Das dazugehörige Video brachte es bei YouTube auf fast 48.000 Klicks.

Als Siemens vor einiger Zeit Signaltechniker suchte, blieben alle Anzeigen erfolglos. Erst als die Recruiter überlegten, wofür sich mögliche Kandidaten privat interessierten, ergab sich die Lösung: Sie inserierten auf einem Blog über die Modelleisenbahnen von Märklin. Das sprach sich zügig herum. Kurz darauf war die Stelle besetzt.

Eine Schweizer Security-Firma suchte Mitarbeiter mit ähnlichen Qualifikationen wie das Personal an den Flughafen-Sicherheitskontrollen. Also haben sie ihren Geschäftsreisenden Metallplatten fürs Handgepäck mitgegeben, in die Sprüche eingeprägt waren wie: „Gelangweilt? Bewerben Sie sich bei uns.“ Diese wurden beim Durchleuchten sichtbar. Auch diese Aktion brachte den gewünschten Erfolg.

Was all diese Aktionen gemeinsam haben, ist der Mundpropaganda-Effekt. Man spricht darüber in seinem Umfeld. Zudem werden sie ins Social Web eingestreut und machen von dort aus die Runde, ohne dass es viel kostet. Bittet man die Mitarbeiter explizit um Weiterverbreitung, machen sie das bei diesen ausgefallenen Aktionen sogar ziemlich gern.

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