Dominic Lindner ● 1.7.2019

Stolpersteine auf dem Weg zur agilen Transformation

Der agile Wandel in Unternehmen wird heiß diskutiert. Es geht kaum mehr ohne - das steht fest. Doch mit ein bisschen Kanban und Scrum ist es nicht getan. Worauf Sie achten müssen und welche Hindernisse es  zu meistern gilt, zeigen wir auf.

Agilität ist mittlerweile zu einem wichtigen Bestandteil in der Organisationsentwicklung von Unternehmen geworden. Diese innovative Bewegung wird dabei in der Regel mit der Etablierung agiler Methoden wie Scrum, Kanban, Design Thinking oder Lean Startup verbunden. Eine solche Einführung ist allerdings kein Selbstläufer. Zwar ist die Methodik hinter Agilität oft schnell und leicht zu verstehen, allerdings stehen hinter der Einführung auch unternehmensinterne Prozesse und "menschliche" Stolpersteine, die überwunden werden müssen. Dies kann je nach Unternehmensgröße oft einen jahrelangen Transformationsprozess mit sich ziehen.

2019-06-17 14_28_09-7 Gründe, warum die Digitalisierung unsere Gesellschaft verbessertLesetipps: Sie sind mit den agilen Methoden noch nicht vertraut?

Stolperstein 1: Agilität wird einfach nur vom Management angeordnet

Agilität wird als eine Verhaltensweise, ein Mindset und persönliche Einstellung beschrieben. Mit der einfachen Befolgung einer Methodik ist es also nicht getan. Zwar können agile Coaches Ihnen dabei helfen, aber die eigentliche Arbeit liegt bei Ihnen und Ihren Mitarbeitern selbst. Dabei liegt auf der Hand, dass „Agilität nach Vorschrift“ oder „Agilität auf Anordnung“ nicht funktionieren kann.

Eine solche „vorgespielte“ Agilität wird gern in der agilen Sprache als „Cargo Kult“ bezeichnet. Der Begriff leitet sich dabei aus dem Verhalten der Samoa Inseln ab, welche die Soldaten im 2. Weltkrieg als Götter verehrt haben, da diese aus der Luft kamen und Güter mitbrachten. Die Einwohner dachten, dass durch feste Rituale diese Götter wiederkamen. Diese Metapher soll aufzeigen, dass mechanische angewandte Methoden und Rituale (z.B. Scrum Meetings) oft nicht zur gewünschten Wirksamkeit führen.

Dabei wird bei der Einführung von Agilität empfohlen, dass Sie Ihre Mitarbeiter einladen, den agilen Wandel mitzugestalten und auch mit eigenen Ideen das Management zu unterstützen. Sie sollten eine Vorbildfunktion einzunehmen: Setzen Sie als Manager den agilen Grundgedanken zuerst um! Dies kann zum Beispiel durch folgende Aktionen gezeigt werden:

  • Aufgabe des Einzelbüros

  • Schaffung von Transparenz in der Führungsarbeit

  • Wertschätzung durch offenens Feedback

  • Übertragung von Entscheidungsverantwortung auf die Mitarbeiter

Agiles Team

Stolperstein 2: Agilität ist ein endender Prozess

Im Kontext der agilen Transformation agieren Führungskräfte und bei Bedarf externe Berater als sogennante agile Coaches und helfen Mitarbeitern zum einen bei der korrekten Ausführung der agilen Methode und coachen sie zum anderen bezüglich des agilen Mindsets. Stellen Sie sich vor, dass Sie Führungskraft eines Teams von acht Mitarbeitern sind. Sie coachen diese mithilfe eines agilen Coaches seit einigen Monaten und bemerken, dass sowohl das Arbeiten mit agilen Methoden als auch das Mindset sich zum Positiven entwickeln. Ihre Vermutung ist nun: Die letzten Meter schaffen meine Mitarbeiter alleine.

Natürlich werden die meisten Mitarbeiter weiterhin agil arbeiten, allerdings besteht die Gefahr, dass einige denken: „Endlich sind die mit ihrer Agilität weg und ich kann nun wieder ‚normal‘ arbeiten!“. Unser Tipp: Bleiben Sie beim Thema Agilität immer weiter dran, da der Wandel nie abgeschlossen ist!

Stolperstein 3: Beim agilen Changeprozess muss rechtlich gesehen nichts beachtet werden

Ein weiterer Stolperstein für Agilität in Organisationen sind Reglementierungen. Dies kann beispielsweise folgendes sein:

  • Ein Standard im Unternehmen

  • Unternehmensinterne Richtlinien

  • Rahmenverträge mit Kunden

  • Gesetze der Bundesrepublik Deutschland (Arbeitsrecht)

Nun gilt es für Unternehmen, und insbesondere Sie als Führungskraft, diese Reglementierungen genauestens zu analysieren und gegebenenfalls Änderungen durchzuführen. Beispielsweise muss ein Rahmenvertrag mit einem Kunden auf einen sogenannten agilen Festpreis gewandelt werden, damit sauber nach der Methodik von Scrum gearbeitet werden kann. Oder aber gewisse technische Änderungen führen zu einer Neuformulierung eines bestehenden Audits. Ein agiler Festpreis ist dabei definiert als ein Vertrag mit einem festen Preis und Ressourcen aber mit offenem Lieferumfang.

Auch das Thema Audits sollten Sie nicht ignorieren. Dabei ist vor allem bezüglich der ISO 20000 ein recht strenger Prozess für die Beauftragung und Prozesse vorgeschrieben - nur einer von vielen möglichen Audits. Auch das Thema Arbeitsrecht spielt eine große Rolle. (Lesen Sie dazu auch: Agiles Arbeiten und Arbeitsrecht: Worauf müssen Sie achten?) Wir erleben hier oft Unsicherheiten bei agilen Teams sowie Arbeitszeit und Ort. Beispielsweise geht es auch um die Übernahme von neuen Aufgaben und Verantwortlichkeiten, der Verschiebung (oder Streichung) von Hierarchie-Ebenen, Regelungen im Home Office oder die Arbeitsweise im Großraumbüro. Dabei gilt, dass Sie Ihre Mitarbeiter vor Über- und Fehlbelastung schützen.  Schauen Sie sich genau an, welche Richtlinien, Gesetze, Audits und Standards durch den agilen Wandel betroffen sind und überprüfen Sie diese.

Fazit

Ein agiler Wandel ist kein Selbstläufer und mit der Einführung einer agilen Methode ist es längst nicht getan. Eine spezielle Rolle im Changeprozess spielen Sie als Führungskraft - und selbstverständlich Ihre Mitarbeiter, welche den Wandel konstant mitgestalten sollten. Stolpersteine im Auftritt als Vorbildfunktion sowie dem Coaching Ihrer Mitarbeiter. Weiterhin sind bestehende Gesetze, Arbeitsverträge und Richtlinien von Ihnen zu prüfen und gegebenenfalls neu zu definieren.

Agiles Mindset